Mühle

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[207] Mühle werden im Allgemeinen Maschinen genannt, die mittels einer Kraft in Gang kommen, welche zunächst zur Erzeugung einer drehenden Bewegung dient.

Näher werden sie sowol nach den damit bearbeiteten Gegenständen als auch nach der bewegenden Kraft und sonstigen Einrichtungen bezeichnet. Unter Mühle schlechthin versteht man jedoch stets solche, auf denen Getreide, Mehl, Schrot, Graupen und Grütze bereitet werden und gibt andern nach ihrer Bestimmung z.B. den Namen von Ölmühlen, Lohmühlen, Farbemühlen, Säge- oder Schneidemühlen, Schleif-und Polirmühlen, Papier-, Draht-, Walk-, Spinn- und Webemühlen, Pulver-, Knochen-, Gypsmühlen u.s.w., nach der bewegenden Kraft aber unterscheidet man Wasser-, Wind-, Dampf-, Roß-, Tret- und Handmühlen. Die Wassermühlen [207] zerfallen wieder nach der von der Örtlichkeit bedingten Einrichtung der Räder, auf welche das Wasser zunächst wirkt, in oberschlächtige, welche nur anwendbar sind, wo von Natur ein beträchtlicher Fall des Wassers vorhanden ist oder doch vermittelt werden kann, indem das Wasser von oben mittels einer Rinne von gleicher Breite mit dem Wasserrade, auf dieses geleitet wird, das auf seinem Umfange meist eine Reihe von Fächern oder Zellen enthält, die so eingerichtet sind, daß sich das von oben hinein fallende Wasser, während des Umgangs des Rades bis nahe zu dem niedrigsten Punkte desselben darin verhält, also wesentlich durch die Schwere mitwirkt, ehe sie auf der entgegengesetzten Seite geleert aufsteigen, um sich oben von Neuem zu füllen. Bei den mittelschlächtigen Mühlen ist der Umfang des Rades ebenfalls mit Zellen versehen, in die das Wasser durch ein Gerinne ungefähr in der Höhe der Radwelle strömt und auch beträchtlich mit durch seine Schwere wirkt; die unterschlächtigen werden dagegen blos durch die Kraft des unter ihren Rädern wegströmenden Wassers bewegt und heißen Pfahlmühlen, wenn sie feststehen, oder Schiffmühlen, wenn sie auf großen Flüssen angelegt werden, deren Gewässer sich nicht in ein Gerinne oder einen Mühlgraben einengen lassen. Sie befinden sich auf zwei Kähnen, welche mittels Ankern und Seilen im Flusse festgelegt sind und von denen der größere zunächst dem Lande in einem Breterhause die eigentliche Mühle, der kleinere nur die Achse des zwischen beiden befindlichen Wasserrades trägt, das nicht hoch, aber gegen 18 F. breit ist und ebenso lange, ungefähr zwei F. breite Schaufeln hat, von denen die Strömung die untersten erfaßt und so das Rad langsam umtreibt. Die Windmühlen, d.h. vom Winde bewegte Mühlwerke, befinden sich entweder in hölzernen, auf einem starken Ständer über die Bodenfläche erhaben ruhenden und mittels des Sterzes, eines langen Hebels an der Rückseite, darauf rundherum zu drehenden Mühlgebäuden und heißen dann Bockmühlen, oder sie sind sogenannte holländische, und dann zuckerhutförmig von der Erde aus aufgeführt und nur das Dach mit den daran befindlichen Windmühlflügeln läßt sich beliebig drehen. Letztere wurden im 16. Jahrh. in den Niederlanden erfunden, widerstehen dem Winde weit besser als die erstern und gestatten die Anlegung jeder Art von Mühlwerken, während die Bockmühlen sich in der Regel nur zur Herstellung von Mehl und Graupen benutzen lassen. In Gang kommt eine Windmühle durch die vom Winde kreisförmig bewegten, gewöhnlich senkrecht stehenden, vier Windmühlflügel, welche aus zwei zwischen 30–40 F. langen Bäumen bestehen, die kreuzweis in der oben aus der Mühle hervorragenden Flügelwelle befestigt und mit einige Fuß langen Querhölzern versehen sind. An diese werden außerhalb Latten genagelt und das Ganze mit Segeltuch überspannt oder auch mit Tafeln von Schindeln ausgesetzt, die man bei zu heftigem Winde, dem die Flügel stets entgegengestellt werden müssen, theilweise entfernen und dessen Einwirkung dadurch mildern kann. Die innere Einrichtung einer Mahlmühle ist bei gewöhnlichen Wasser- oder Windmühlen ziemlich dieselbe und hier an einer Bockmühle dargestellt. An der Flügelwelle befindet sich inwendig ein Kammrad, welches in das Getriebe am Mühleisen i eingreift, das als Achse in dem Läufer oder obern Mühlsteine befestigt ist, welcher dadurch auf einem zweiten unter ihm festliegenden, dem Bodensteine, schnell umgedreht wird. Zwischen beiden, die von dem hier einem Fasse ähnlichen Laufe A umschlossen sind, geht das Mahlen vor sich. Mitten zwischen die Steine gelangt das Getreide von oben her aus dem Rumpfe B mittels des Schuhes und durch das Läuferauge e; das ausgemahlene Getreide treibt der Umschwung des Läufers nach und nach zwischen den Steinen fort, wo es dann durch das Mehlloch in einen schief nach dem Vorkasten führenden Kanal C und Beutel fällt, der hier aber nicht mit dargestellt ist. Da dieser beständig gerüttelt und erschüttert wird, so geht oder beutelt und siebt sich der seine Mehlstaub durch denselben in das umschließende Behältniß und nur das Grobe gelangt in den Vorkasten D, um, nachdem die Mühlsteine einander ein wenig näher gestellt worden sind, nochmals aufgeschüttet zu werden. Um das gewöhnliche Brotmehl zu erhalten, geschieht dies meist dreimal und das letzte, was in den Vorkasten gelangt, ist die Kleie. Graupenmühlen haben keinen Bodenstein [208] und nur einen Läufer, welcher sich in einem engen Laufe mit Wänden von rauhem Eisenblech bewegt, zwischen denen und dem Steine die Körner enthülst, abgestoßen und abgerundet werden, und dann unterwärts über mehre Siebe mit Öffnungen von verschiedener Größe laufen, welche das Mühlwerk schüttelt und wo sich die Graupen sowol von den Hülsen als auch unter sich nach der Feinheit trennen. Die vollkommensten Getreidemühlen sind in neuerer Zeit von den Nordamerikanern hergestellt worden und Leuchs' »Beschreibung und Abbildung der verbesserten amerik. Mahlmühlen« (Nürnb. 1828), gibt darüber unter Anderm weitere Auskunft. Die ältesten Getreidemühlen waren Handmühlen, welche zu Tret- und Roßmühlen, und bei den Römern gegen Ende des 1. Jahrh. zuerst zu Wassermühlen, anfangs zum Privat-, nachher zum öffentlichen Gebrauch erweitert wurden. Auch Schiffmühlen sollen im 6. Jahrh. bei Rom zuerst erbaut worden sein; die Erfindung der Windmühlen scheint aber einer spätern Zeit anzugehören. – Die Sammlung der gesetzlichen Bestimmungen eines Landes in Bezug auf Anlage und Betrieb von Mühlen und Rechte und Verpflichtungen der Müller und ihrer Nachbarn und Mahlgäste wird Mühlenordnung genannt. – Mühlzwang heißt die mit mancher Mühle verknüpfte Gerechtigkeit, kraft der die Bewohner eines gewissen Umkreises oder gewisser Orte ihr Getreide auf derselben mahlen lassen müssen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 207-209.
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