Plato

[512] Plato oder Platon und sein Schüler Aristoteles (s.d.) waren die beiden größten Philosophen des Alterthums. Der Erstere wurde um 430 v. Chr. zu Athen geboren und stammte von Vatersseite vom König Kodrus, durch seine Mutter von Solon ab, welche beide ihr Geschlechtsregister bis zu Neptun hinaufführten. Damit schon hätte sich der P. später von seinen Anhängern ertheilte Beiname des göttlichen rechtfertigen lassen, allein es ging auch noch die Sage, seine Mutter Periktione sei als Jungfrau vom Apollo des P. Mutter geworden. Ursprünglich hieß dieser Aristokles und bekam den von einem »die Breite« bedeutenden griech. Worte hergeleiteten Namen P. angeblich wegen seiner breiten Brust und Stirn, von seinem Lehrer in der Gymnastik. P.'s Erziehung war seiner vornehmen Herkunft gemäß und er brachte es unter Anderm auch in Leibesübungen so weit, daß er bei den feierlichen isthmischen und pythischen Kampfspielen mit um den Preis ringen konnte. Vorzugsweise beschäftigten ihn anfangs die höhern Gattungen der Dichtkunst, allein er selbst vernichtete seine ihm ungenügend erscheinenden Werke und in der Absicht, dereinst als Staatsmann zu wirken, ernsten wissenschaftlichen Bestrebungen sich zuwendend, gehörte er von seinem 20. Jahre an zu den Schülern des Sokrates (s.d.), nach dessen Tode er Athen verließ und sich zuerst nach dem benachbarten Megara begab. Von da ging er nach dem südl. Italien, wo viel griech. Colonien und zwei berühmte Philosophenschulen sich befanden und P. längere Zeit, wie später auch zu Cyrene in Afrika und in Ägypten verweilte. Dann besuchte er Sicilien, wo ihm einige freimüthige Äußerungen über den Beherrscher von Syrakus, Dionys den Ältern, in Lebensgefahr brachten, und ward auf dessen Anstiften als Sklave verkauft, jedoch bald durch einen Freund aus Cyrene befreit und kehrte nun nach Athen zurück, wo er in seinem 36. Jahre als Lehrer der Philosophie mit außerordentlichem Beifalle auftrat. Nachdem bei Dionys des Ältern Tode im I. 368 v. Chr. Dionysius II. zur Regierung von Syrakus gelangt war, machte P. noch zwei Reisen dahin, um theils der vernachlässigten Bildung desselben zu Hülfe zu kommen, theils dessen Versöhnung mit dem P. befreundeten Dio zu bewirken. Ob, gleich nun P. mit großen Ehren aufgenommen wurde, gelang doch keines seiner Vorhaben, und durch die Treulosigkeit des Dionys ward sogar sein Leben abermals bedroht. Er kam jedoch glücklich nach Athen zurück, wo er als hochgeachteter Lehrer und Schriftsteller 348 v. Chr. bei einem Hochzeitfeste plötzlich starb und von seinen Mitbürgern durch ein Denkmal geehrt wurde. P. war der Erste, welcher sich bestimmt die Frage zur Beantwortung vorlegte: was Philosophie sei und sein solle; ebenso machte er alle andern Hauptfragen derselben zu Gegenständen seines überall das erhabenste und edelste Ziel verfolgenden Nachdenkens. Man nennt daher nicht blos seine Philosophie Platonismus, sondern versteht unter diesem Ausdrucke auch überhaupt das Streben nach dem Ideale des Wahren, Guten und Schönen. Die von ihm für dieses gefoderte höhere und geistige Liebe heißt daher Platonische Liebe, man versteht aber darunter auch die von sinnlichen Beweggründen freie, nur in geistigen Beziehungen begründete, innige Zuneigung zweier Personen von verschiedenem Geschlecht. Von P.'s Schriften, welche meist in Gesprächform abgefaßt sind und in denen in der Regel Sokrates mit seinen Schülern, Freunden oder Gegnern redend auftritt, hat sich nur ein Theil erhalten. Hauptwerke darunter sind zehn Bücher vom Staate oder von der Gerechtigkeit und zwölf Bücher von den Gesetzen; manche der ihm zugeschriebenen Schriften sind aber unecht. Eine deutsche Übersetzung derselben ist von Schleiermacher (5 Bde.; neue Aufl. Berlin 1827–29) besorgt worden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 512.
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