Abgesonderte Befriedigung

[38] Abgesonderte Befriedigung, nach der deutschen Konkursordnung (vgl. § 4 und § 47–52) die Befriedigung gewisser mit einem Pfandrecht oder ähnlichem Recht versehenen Personen (die Absonderungsberechtigten oder Absonderungsgläubiger). Sie erfolgt zwar aus Gegenständen, die zur Konkursmasse gehören, aber »unabhängig vom Konkursverfahren«, d.h. außerhalb dieses Verfahrens. Im gemeinen Recht nannte man die a. B. »Separation« und die Absonderungsberechtigten »Separatisten ex jure crediti«. Das Recht auf a. B. unterscheidet sich von dem Aussonderungsrecht (s. d.) dadurch, daß die Absonderungsberechtigten nicht Gegenstände aus der Konkursmasse wegnehmen, sondern nur aus dem Erlös der für ihre Forderung haftenden Gegenstände vorweg befriedigt sein wollen. Zu diesem Zweck dürfen sie die Sachen im Besitz behalten und sie der Zwangsvollstreckung unterwerfen, sofern eine solche nicht vom Konkursverwalter vorgenommen wird. Sind mehrere Absonderungsberechtigte vorhanden, so wird der Erlös unter sie so verteilt, wie wenn ein Konkursverfahren nicht bestände; der etwaige Überschuß fließt in die Konkursmasse. Am Konkursverfahren braucht der Absonderungsberechtigte nicht teilzunehmen, insbes. seine Forderung nicht anzumelden. Er muß nur dem Konkursverwalter von dem Besitz der Sachen und von seinem Absonderungsanspruch Mitteilung machen, auch auf Verlangen die Sachen vorzeigen und ihre Abschätzung gestatten (§ l19, 120). Wird auf das Absonderungsrecht verzichtet, oder der Absonderungsberechtigte durch die a. B. nicht vollständig befriedigt, so darf er seine Forderung als Konkursforderung an melden (s. Konkurs); er muß aber dann den Verzicht oder den erlittenen Ausfall (die Ausfallsforderung) nachweisen (§ 64). Zur abgesonderten Befriedigung dienen nach § 47 die der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen den Gegenstände für diejenigen, die Anspruch auf Befriedigung daraus haben. Nach § 18 dürfen Gläubiger, denen an einem zur Konkursmasse gehörigen Gegenstand ein durch Rechtsgeschäft bestelltes Pfandrecht zusteht, daraus wegen ihrer Pfandforderung a. B. verlangen. Diesen Pfandgläubigern stellt sodann § 49 eine Reihe von andern Gläubigern wegen gewisser Forderungen, z. B. derjenigen wegen öffentlicher Abgaben, Miet- und Pachtzinsen etc., gleich. Außerdem können diejenigen, die mit dem Gemeinschuldner in einer Gemeinschaft stehen, wegen der daraus entsprungenen Forderungen a. B. aus dessen Anteil verlangen, und erfolgt die Befriedigung der Lehen-, Stammguts- und Fideikommißgläubiger aus dem Lehen-, Stamm oder Fideikommißgut nach den Vorschriften der Landesgesetze (§ 51 u. 52). Weitere Absonderungsrechte sind in der Gewerbeordnung (§ 90 u. 100 c), im Krankenversicherungsgesetz (§ 73, Absatz 6) und in dem Reichsgesetz vom 5. Mai 1886, betreffend die Unfall- und Krankenversicherung der in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben beschäftigten Personen (§ 133), vorgesehen. Das den Nachlaßgläubigern und Vermächtnisnehmern früher nach dem (alten) § 43 der Konkursordnung zustehende Recht auf a. B. wurde durch Aufhebung dieser Vorschrift beseitigt, weil die erwähnten Personen durch Beantragung einer Nachlaßverwaltung oder eines Nachlaßkonkurses a. B. aus dem Nachlaß verlangen können. Der frühere Artikel 122 des Handelsgesetzbuchs, nach dem die Gesellschaftsgläubiger am Konkurs über das Vermögen einer Handelsgesellschaft aus dem Gesellschaftsvermögen abgesondert zu befriedigen waren und von den einzelnen Gesellschaftern nur wegen des erlittenen Aus falls Befriedigung beanspruchen durften, ist in das neue Handelsgesetzbuch nicht übergegangen.

Die österreichische Konkursordnung regelt die a. B. (§ 30 ff., 137 ff. und 163 ff.) in ähnlicher Weise wie die deutsche. Jedoch sind danach besondere Massen zu bilden, und liegt die Befriedigung der dort »Realgläubiger« genannten Absonderungsberechtigten dem Massenverwalter ob. Vgl. Wolff, Das Absonderungsrecht im Konkurse (Berl. 1892); Derselbe in der[38] »Zeitschrift f. Zivilprozeß«, Bd. 22, S. 244 ff., 266 ff. über Absonderung im Erbrechts. Erbrecht.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 38-39.
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