Angelfischerei

[513] Angelfischerei (hierzu Tafel »Angelgeräte« mit Text), der Fang von Fischen an Angeln, d.h. an eigentümlichen, meist mit einem Köder versehenen Haken, die an Leinen befestigt in das Wasser gelegt werden. Schon die ältesten Völker betrieben A. mit aus Stein, Horn, Knochen, Fischgräten oder Pflanzendornen gefertigten und an biegsamen Wurzeln oder Bastschnuren befestigten Haken, die unter den ältesten Spuren des vorgeschichtlichen Menschen gefunden werden, und ähnlich primitive Geräte sind vielfach bei Naturvölkern noch jetzt im Gebrauch. Bei der gewerbsmäßigen A., die viele Tausende von Fischern aller Nationen beschäftigt und ungeheure Mengen von Dorscharten, Plattfischen, Makrelen, Aalen, Stören etc. für den Lebensmittelmarkt liefert, werden teils einzelne, an langen Schnüren befestigte Haken gebraucht (Handleinenfischerei), teils lange, mit Hunderten, ja Tausenden von Haken versehene Schnüre (Langleinenfischerei), die schwimmend oder auf dem Grund ausgelegt werden (s. Fischerei). Der Liebhaber, der die A. als Sport betreibt, bedient sich hauptsächlich der Handangel. Über die Geräte zur A. s. den Text zur Tafel.

Um die Fische zum Anbeißen an den Haken zu verlocken, bedient man sich verschiedener Köderarten. Grundköder werden ausgeworfen, um Karpfen, Brassen, Plötze, Barben, Döbel u.a. an gewisse Angelstellen zu gewöhnen. Man benutzt z. B. sein gehackte Regenwürmer, Fische, Fischrogen, Fleischstückchen, Käse, Brot, gekochte Kartoffeln, Treber, Teige von Mehl und Kleie u. dgl.; diese Stoffe werden in größerer Menge längere Zeit vor dem Angeln, in geringerer auch während des Angelns ins Wasser geworfen. Als Angelköder benutzt man Regenwürmer, Fleischmaden, die Larven von Käfern, Schmetterlingen, Wespen und Köcherfliegen, ferner Heupferdchen, Schnecken und Muscheltiere, kleine Krebse, Fische und Frösche, auch Stücke von Krebs-, Fisch- oder Froschfleisch, Gehirn und Rückenmark von Schlachttieren, auch gekochte Getreidekörner und Erbsen, Brotkrume, Mehlteige, Käse etc. Manche Angler verwittern Schnur, Haken und Köder mit Moschus, Anis- oder Lavendelöl etc. Künstliche Angelköder sind Nachbildungen von Fliegen, Maden, Käfern etc., oder Gegenstände, die durch Glanz oder lebhafte Farbe die Aufmerksamkeit der größern Raubfische erregen. Namentlich für den Zweck des Lachs- und Forellenangelns werden »künstliche Fliegen« (worunter übrigens auch Nachbildungen von Käfern, Raupen und andern Larven und allerlei Phantasiegebilde [Fig. 9] verstanden werden) aus Vogelfedern, Pelzhaaren, Wollfäden und Flockseide hergestellt und in großer Mannigfaltigkeit auf einfache oder doppelte Angelhaken gebunden. Von andern künstlichen Ködern sind besonders aus Glas oder Metall gefertigte Fischchen und Löffelköder zu nennen.

Der Angler muß mit den Eigentümlichkeiten seines Fischwassers und den Gewohnheiten der verschiedenen Fischarten vertraut sein. Auch die Wahl der in jedem Fall anzuwendenden Angelmethode und der Gebrauch der Angel können nur praktisch erlernt werden. Der Angler darf sich den Fischen womöglich gar nicht zeigen, er muß vermeiden, seinen Schatten oder den der Angelrute auf das Wasser fallen zu lassen, er muß den beköderten Haken durch kräftigen Schwung der Rute weit und an die beabsichtigte Stelle werfen, und zwar so, daß er mit möglichst wenig Geräusch auf das Wasser fällt. Heftige Erschütterungen des Ufers durch Laufen oder hartes Auftreten sind zu vermeiden. Hat ein Fisch den Köder erfaßt, so muß er »angehauen« werden, d.h. es wird durch einen Ruck mit der Rute der Haken in seine Mundteile eingeschlagen. Ist der Fisch festgehakt, so kann er nur, wenn er klein und schwach ist, sofort aus dem Wasser gezogen werden; andernfalls muß er zunächst durch abwechselndes Anziehen und Nachlassen der Schnur, wobei die Rollfleißig gebraucht wird (Drillen, Spielen), ermüdet werden, worauf man ihn vorsichtig heranzieht und mit einem untergeschobenen Handkescher aufnimmt.

Der Angelsport wurde in England schon um 1300 betrieben und durch viele Verordnungen geschützt, auch knüpft sich an denselben eine sehr reiche Literatur, die[513] mit dem »Book of St. Albans« (1486) beginnt. Isaak Waltons in Dialogform geschriebener »Complete angler« (1653), später von andrer Hand fortgesetzt und noch jetzt jährlich aufgelegt, fand eine geistvolle Nachfolge in Humphry Davys »Salmonia, or Days of flyfishing« (Lond. 1828 u. ö.; deutsch von Neubert, Leipz. 1840). Vgl. Blakey, Historical sketches of the angling literature of all nations (Lond. 1855); Francis, A book on angling (6. Aufl., das. 1885); d'Alquen, Vollständiges Handbuch der feinern Angelkunst (Leipz. 1862); Ehrenkreutz, Das Ganze der A. (15. Aufl., Quedlinb. 1894); Horrocks, Die Kunst der Fliegenfischerei (2. Aufl., Weim. 1879); Bischoff, Anleitung zur Fliegenfischerei (2. Aufl., Münch. 1882); von dem Borne: Illustriertes Handbuch der A. (Berl. 1875), Taschenbuch der A. (3. Aufl., das. 1892) und Wegweiser für Angler (das. 1877); Moerbe, Die vollständige A. (12. Aufl., das. 1901); Rühlich, Der praktische Angler in Deutschland, mit Angelkalender (5. Aufl., Leipz. 1897); Stork, Der Angelsport (Münch. 1898); Wessenberg, Der Angelsport (Wien 1902); »Jahrbuch des deutschen Sportanglers« (2. Aufl., Stettin 1900); »Deutsche Anglerzeitung« (Bautzen).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 513-514.
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