Dorĭa [2]

[131] Dorĭa, ursprünglich d'Oria, vornehmes genuesisches Adelsgeschlecht, das der Sage nach von dem mit der Genueserin Oria vermählten Arduin von Narbonne abstammen soll und seit dem Ende des 11. Jahrh. geschichtlich nachweisbar ist. Später standen die D. meist auf seiten der Ghibellinen. Zu den namhaftesten Mitgliedern des Geschlechts gehören:

1) Oberto, unternahm 1266 einen erfolgreichen Zug gegen Kandia, vernichtete durch den Sieg bei Meloria 6. Aug. 1284 die Flotte Pisas und erhob die genuesische Seemacht zur ersten ihrer Zeit.

2) Lamba, schlug 8. Sept. 1298 die weit überlegene Seemacht der Venezianer unter Dandolo vollständig, doch mit großem eignen Verlust; gest. 1323.

3) Filippo, unternahm 1350 einen verheerenden Kriegszug gegen die venezianischen Küsten. Später mit 15 Galeeren ausgesendet, um die aragonischen Plätze in Sardinien zu erobern, fand er diese zu stark, segelte deshalb nach Tripolis und eroberte diese Stadt.

4) Paganino, wurde 1351 an die Spitze der genuesischen Flotte gestellt, blockierte die venezianische Flotte bei Negroponte, zwang den venezianischen Admiral Niccolo Pisani, seine Schiffe zu versenken, verheerte Istrien und schlug 1354 Pisani bei Porto Longo.

5) Luciano, erhielt 1379 den Oberbefehl über die genuesische Flotte gegen die Venezianer, verband sich in Zara mit den Ungarn, eroberte Grado und Caorle und schlug den venezianischen Admiral Vettore Pisani in der Schlacht bei Pola (Mai 1379), in der er selbst fiel.

6) Andrea, der berühmteste seines Geschlechts, geb. 30. Nov. 1468 (oder 1466), gest. 25. Nov. 1560, diente als Condottiere nacheinander dem Papst, dem Herzog Friedrich von Urbino und dem König Ferdinand von Neapel, kämpfte dann für die Genuesen auf Korsika und ward 1512, nach Vertreibung der Franzosen aus seiner Vaterstadt, an die Spitze der genuesischen Flotte gestellt; er schwang sich schnell zum berühmtesten Seehelden seiner Zeit empor. Nachdem Franz I. von Frankreich Genua wieder für sich gewonnen hatte, trat auch D. 1522 in französische Dienste und brachte der spanischen Seemacht bedeutende Verluste bei. 1525 trat er in die Dienste des Papstes Clemens VII., kehrte aber 1527 als Admiral in französische Dienste zurück und wirkte bei der Wiedereroberung Genuas durch die Franzosen mit. Obwohl schon[131] seit einiger Zeit sein Verhältnis zu König Franz gespannter geworden war, ließ D. doch seinen Neffen Filippino mit einigen Galeeren an der Belagerung von Neapel teilnehmen, der am 20. Mai 1528 den Vizekönig Moncada bei Salerno schlug. Als Franz I. die Auslieferung der in dieser Schlacht gefangenen Herren verlangte, kam es zum Bruch, und D. trat auf die Seite Kaiser Karls V. Er zwang nun die Franzosen zur Aufhebung der Belagerung von Neapel, segelte dann nach Genua und befreite die Stadt 12. Sept. 1528 abermals von französischer Herrschaft, worauf die republikanische Verfassung hergestellt wurde. D. ward als Wiederhersteller der Freiheit und Vater des Vaterlandes gefeiert; die dankbare Republik erbaute ihm einen Palast und errichtete ihm eine Bildsäule. Karl V. ernannte ihn zu seinem Oberbefehlshaber zur See, verlieh ihm das Fürstentum Melfi und das Marchesat Tursi und erhob ihn zum Großkanzler des Königreichs Neapel. 1532 schlug D. an der griechischen Küste die türkische Flotte, 1535 leitete er die glückliche Expedition Karls V. gegen Tunis, 1541 rettete er bei der gegen seinen Rat begonnenen Unternehmung gegen Algier die kaiserliche Macht vor gänzlichem Untergang. In seinem Alter überließ er seinem Neffen Giannettino (s. den folgenden) die Führung der Flotten. Die durch dessen Anmaßungen hervorgerufene Verschwörung des Fiesco diente nur dazu, das Ansehen Andreas zu befestigen, der trotz der Ermordung seines Neffen seine Mäßigung bewahrte. Vgl. Guerrazzi, Vita di Andrea D. (3. Aufl., Mail. 1874, 2 Bde.); Petit, André D., un amiral condottiere au XVI. siècle (Par. 1887).

7) Giannettino, Neffe des vorigen, ward von diesem zu seinem Erben eingesetzt. Durch Übermut und Anmaßung erbitterte er aber die Bürger und den Adel Genuas so sehr, daß Fiesco (s. d.) eine Verschwörung gegen die D. stiftete, bei der Giannettino 2. Jan. 1547 ermordet wurde.

8) Giovanni Andrea, Sohn des vorigen und nach seines Vaters Tode Adoptivsohn des Andrea, übernahm 1556 den Oberbefehl über die im spanischen Dienste stehende genuesische Flotte und überwand den Seeräuber Dragut, befehligte 1560 das spanische Belagerungsheer vor Tripolis, gewann 1564 ein Seetreffen bei Korsika, führte 1570 den Befehl über die spanische Flotte, die den Venezianern gegen die Türken zum Entsatz von Cypern zu Hilfe gesandt wurde, verschuldete aber durch seine Umkehr nach dem Fall von Nicosia den Verlust der Insel. Auch an der Schlacht von Lepanto nahm er wenig ruhmvollen Anteil. Er starb 1606. Von seinem Sohn Andrea stammen die D.-Pamfili-Landi, Fürsten von Melfi, in Rom (gegenwärtiges Haupt der Familie Fürst Alfonso Maria, geb. 25. Sept. 1851 in Rom), die Fürsten von Angri in Neapel und die Lamba D. in Genua ab.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 131-132.
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