Dudley [2]

[251] Dudley (spr. döddlĭ), engl. Adelstitel, hergeleitet von Schloß und Lordschaft D. in der Grafschaft Stafford, den seit Heinrich II. die Familie Somerie bis 1322, dann bis 1697 die Familie Sutton, seitdem die Familie Ward führte. Bemerkenswert sind:

1) Edmund, geb. um 1462, hatte unter Heinrich VII. Anteil an der Finanzverwaltung und wurde 1504 Sprecher des Unterhauses. Wegen seiner Erpressungen allgemein verhaßt, wurde er nach Heinrichs Tode des Verrats angeklagt und 18. Aug. 1510 enthauptet.

2) John, Sohn des vorigen, geb. 1502, erbte 1542 von seiner Mutter den Titel eines Viscount Lisle in Berkshire, ward zum Großadmiral der Flotte ernannt, nahm 1544 Boulogne und wurde 1547 durch Heinrichs VIII. Testament zu einem der 16 Exekutoren bestimmt, die während Eduards VI. Minderjährigkeit die Regentschaft führen sollten. Durch Eduards Gunst zum Grafen von Warwick, Oberkammerherrn, Oberhofmeister und 1551 zum Herzog von Northumberland erhoben, brachte er seinen Nebenbuhler, den Herzog von Somerset, auf das Blutgerüst (1552) und erwarb bedeutende Besitzungen als Kronlehen. Er verheiratete seinen Sohn Guilford mit Lady Johanna Grey, der Enkelin von Heinrichs VIII. Schwester Maria, welche der sterbende König mit Übergehung der Prinzessinnen Maria und Elisabeth zu seiner Nachfolgerin ernannte, ließ nach dem Tod Eduards Johanna zur Königin ausrufen, wurde aber von den Anhängern der Maria gefangen genommen und 22. Aug. 1553 hingerichtet. Von seinen fünf Söhnen stiegen zwei, Ambrose, Graf von Warwick, und Robert, Graf von Leicester (s. d.), unter Elisabeth zu hohen Ehren; Guilford, der Gemahl der Johanna Grey, ward mit dieser 12. Febr. 1554 enthauptet.

3) Robert, Sohn des Grafen von Leicester (s. d.) und der Lady Sheffield, mit der sich jener heimlich vermählt hatte, geb. 1573 zu Sheen in der Grafschaft Surrey, gest. 6. Sept. 1649, erhielt, obgleich von seinem Vater nicht als legitim anerkannt, nach dessen Tode 1588 Kenilworth und andre Besitzungen. Da er aber den 1597 erhobenen Anspruch auf seines Vaters Titel nicht durchsetzen konnte, siedelte er nach Italien über und wurde Katholik, worauf seine englischen Güter eingezogen wurden. Von Kaiser Ferdinand 11. durch den Herzogstitel von Northumberland ausgezeichnet und von Papst Urban VIII. unter die Zahl der römischen Edlen aufgenommen, lebte D. meist am Hofe Cosimos II. zu Florenz. Er machte sich um die Hebung der Stadt und des Hafens von Livorno vielfach verdient und schrieb unter anderm: »Dell' arcano del mare« (3. Aufl., Flor. 1661, 6 Bde.).

4) John William Ward, Graf D., geb. 9. Ang. 1781, gest. 6. März 1833, ward 1802 Mitglied des Unterhauses, wo er sich als einer der bedeutendsten Führer der liberal-konservativen Partei hervortat. 1823 nach dem Tode seines Vaters wurde er Mitglied des Oberhauses und 1837 Graf von D. Bei der Bildung des Canningschen Ministeriums 30. April 1827 erhielt er das Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten, doch trat er 1828 nach Wellingtons Eintritt in das Kabinett zurück. Sein exzentrisches Wesen ging zuletzt in förmliche Geisteszerrüttung über; in Bulwers Roman »Pelham« ist er als Lord Vincent gezeichnet. Seine Korrespondenz mit dem Bischof von Llandaff (Lond. 1840) ist wichtig für die Zeitgeschichte. Der Grafentitel D. erlosch mit seinem Tode.

5) William Humble Ward, Graf, Sohn von William Ward (gest. 1885), zu dessen gunsten 1860 der Grafentitel D. erneuert wurde, geb. 1867, war von 1895–97 Mayor der Stadt D., nahm 1900 als Offizier der Yeomanry an den Kämpfen in Südafrika teil und wurde nach seiner Rückkehr im November 1900 parlamentarischer Sekretär im Handelsamt. Im Juli 1902 ward er zum Lord-Statthalter von Irland im Ministerium Balfour ernannt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 251.
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