Guillaume [2]

[504] Guillaume (spr. gījōm'), Eugène, franz. Bildhauer, geb. 4. Juli 1822 in Montbard (Côte-d'Or), machte seine ersten künstlerischen Studien in Dijon und kam dann nach Paris, wo er Schüler Pradiers wurde[504] 1845 erhielt er für einen Theseus, der unter einem Felsen das Schwert seines Vaters findet, den großen Preis für Rom, wo er sich dem Studium der römischen Denkmäler widmete und sich von ihnen eine herbe, strenge Formensprache aneignete, die zu der weichlichen und sinnlichen Auffassung Pradiers in Gegensatz trat. Von Rom aus sandte er die später in Bronze gegossene Statue eines Schnitters (Paris, Luxembourg-Museum). 1852 folgte die sitzende Marmorfigur eines Anakreon mit der Taube der Venus. Sein eigentliches Gebiet betrat er aber erst 1853 mit der Doppelbüste der Gracchen, in der sich die ihm eigentümliche Schärfe realistischer Charakteristik, mit höchster Vollendung in der Ausführung gepaart, zuerst offenbarte. In demselben Stil sind die Büste einer römischen Hausfrau, die Freigruppe eines sitzenden römischen Patrizierpaares in Hochzeitskleidern, die Statuen Napoleons I. als Artillerieleutnant und als Imperator, sechs Büsten des Kaisers, die Büste des Erzbischofs Darboy und zahlreiche andre Porträtbüsten (F. Buloz, Ferry, Thiers), das Denkmal für den Architekten Duban (1885), das Denkmal Colberts in Reims und das Claude Bernards vor dem Collège de France gehalten. Minder glücklich ist er in Idealfiguren, weil es ihm an poetischer Kraft und Tiefe der Empfindung gebricht. Hervorzuheben sind: die Gruppe der Musik an der Fassade der Neuen Oper zu Paris (1869), der Quell der Poesie (1873), Orpheus (1878), zwei Hermen: Anakreon mit Eros und Sappho mit Eros, und Andromache. G. war 1865–1875 Direktor der École des beaux-arts. Er ist auch als Kunstschriftsteller tätig. Seine gesammelten Aufsätze erschienen als »Notices et discours« (Par. 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 504-505.
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