Jüngstes Gericht

[375] Jüngstes Gericht (Jüngster Tag, Weltgericht), nach der Kirchenlehre das Gericht, das Christus am Ende der gegenwärtigen Welt über alle Menschen halten wird. Die bildende Kunst bemächtigte sich schon im 6. Jahrh. des Gegenstandes zunächst in byzantinischen Miniaturen und in plastischen Werken. Erst im Laufe des 13. und 14. Jahrh. entwickelten sich aus zerstreuten Elementen feste Typen der Darstellung, die seit dem 15. Jahrh. bis auf unsre Zeit im großen und ganzen unverändert geblieben sind. Es fehlt dabei auch nicht an humoristischen Zügen. Die bedeutsamsten Darstellungen des Jüngsten Gerichts aus dem 14., 15. und 16. Jahrh. sind die im Campo santo zu Pisa von einem unbekannten Meister, von Fiesole (Kaiser Friedrich-Museum in Berlin), Luca Signorelli (Dom in Orvieto), von Memling (in der Marienkirche zu Danzig) und das Meisterwerk Michelangelos in der Sixtinischen Kapelle. Nächst letzterm sind nur noch die beiden Gemälde von Rubens in der Münchener Pinakothek und das Fresko von Cornelius in der Ludwigskirche zu München von Bedeutung. Die Anordnung ist gewöhnlich folgende: oben thront Christus als Weltrichter, zu seiner Rechten geleiten Engel die Seligen aus ihren Gräbern zum Himmel, während links die Sünder von Teufeln in die Hölle geschleppt werden. Vgl. Jessen, Die Darstellung des Weltgerichts bis auf Michelangelo (Berl. 1883); Voß, Das Jüngste Gericht in der bildenden Kunst des frühen Mittelalters (Leipz. 1884); Portig, Das Weltgericht in der bildenden Kunst (Heilbr. 1885).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 375.
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