Liebreich

[534] Liebreich, 1) Richard, Augenarzt, geb. 30. Juni 1830 zu Königsberg i. Pr., studierte daselbst, in Berlin, Halle, Utrecht, war 1854–62 Assistent an Gräfes Klinik in Berlin, ließ sich 1862 in Paris als Augenarzt nieder, siedelte 1870 nach London über und wurde daselbst Augenarzt am St. Thomas-Hospital und Lehrer der Augenheilkunde. Später kehrte er wieder nach Paris zurück. Er konstruierte einen Augenspiegel, der allgemeine Verbreitung fand, lieferte zahlreiche Arbeiten über physiologische Optik, Akkommodations- und Refraktionsanomalien, über die Schiel- und Staroperation und gab den ersten »Atlas der Ophthalmoskopie« (Berl. 1863, 3. Aufl. 1885; auch in französischen und englischen Ausgaben) heraus. Auch schrieb er: »Ophthalmoskopische Notizen« (Berl. 1859); »Recueil des travaux de la société médicale allemande de Paris« (mit Laqueur, Par. 1865); »Eine neue Methode der Kataraktextraktion« (Berl. 1872); »On the use and abuse of Atropine« (Lond. 1873); »Clinical lecture on convergent squint« (das. 1874); »School life in its influence on sight and figure« (2. Aufl., das. 1878). In neuerer Zeit zog er sich von der Lehr- und Hospitaltätigkeit zurück und beschäftigte sich auch mit Kunstfragen, besonders mit der Technik der alten Meister.

2) Oskar, Mediziner, Bruder des vorigen, geb. 14. Febr. 1839 zu Königsberg i. Pr., studierte in Wiesbaden und Berlin Chemie, unternahm 1857–1859 eine Reise nach Afrika, studierte dann Medizin in Königsberg, Tübingen und Berlin, habilitierte sich 1868 an der dortigen Universität für Heilmittellehre und medizinische Chemie, ward Assistent am Pathologischen Institut und 1872 Professor der Heilmittellehre und Direktor des Pharmakologischen Instituts. L. wies das Protagon als die wesentlichste phosphorhaltige Substanz des Gehirns nach, entdeckte die Eigenschaft des »toten Raumes« bei chemischen Reaktionen und gab für die Untersuchung des Lupus eine phaneroskopische Beleuchtungsmethode an. Er entdeckte die schlafbringende und schmerzstillende Eigenschaft des Chloralhydrats (1869) und führte das Butylchloral und Äthylenchlorid als anästhetische Mittel, das Quecksilberformanid als Mittel gegen Syphilis, ferner das Lanolin und als Mittel gegen Tuberkulose das kantharidinsaure Kali ein. Er schrieb: »Das Chloralhydrat, ein neues Hypnotikum« (3. Aufl., Berl. 1871); »Kompendium der Arzneiverordnung« (mit Langgaard, 5. Aufl, das. 1902); »Enzyklopädie der Therapie« (mit Mendelsohn und Würzburg, das. 1895–1900, 3 Bde.); »Über die Wirkung der Borsäure und des Borax« (das. 1903); auch gibt er seit 1887 die »Therapeutischen Monatshefte« heraus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 534.
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