Ostwald

[244] Ostwald, Wilhelm, Chemiker, geb. 2. Sept. 1853 in Riga, studierte seit 1872 in Dorpat, trat 1875 als Assistent in das physikalische Institut der Universität ein, habilitierte sich 1877 als Privatdozent und wurde 1881 Professor am Polytechnikum in Riga und 1887 Professor der physikalischen Chemie an der Universität Leipzig. Bei dem deutsch-amerikanischen Professorenaustausch wurde er als erster deutscher Professor 1905 auf ein Semester an die Harvard-Universität berufen. 1906 legte er seine Leipziger Professur nieder. Ostwalds frühere Arbeiten beziehen sich fast ohne Ausnahme auf Probleme der chemischen Verwandtschaft, und er gilt für einen der hervorragendsten Vertreter der physikalischen Chemie. In den letzten Jahren wandte er sich philosophischen und erkenntnistheoretischen Arbeiten zu. Besonders wichtig sind seine Untersuchungen über die elektrische Leitfähigkeit der organischen Säuren, über den Parallelismus zwischen jener Größe und der chemischen Reaktionsfähigkeit, über die Farbe der Ionen, über den Sitz der galvanischen Potentialdifferenzen und über Katalyse. Er schrieb: »Lehrbuch der allgemeinen Chemie« (Leipz. 1885–88, 2 Bde.; 2. Aufl. 1891 ff., 2. Abdruck 1903); »Grundriß der allgemeinen Chemie« (3. Aufl., das. 1899); »Die wissenschaftlichen Grundlagen der analytischen Chemie« (das. 1894, 4. Aufl. 1904); »Hand- und Hilfsbuch zur Ausführung physiko-chemischer Messungen« (das. 1893; 2. Aufl. mit R. Luther, 1902); »Elektrochemie« (das. 1894–95); »Die Überwindung des wissenschaftlichen Materialismus«, Vortrag (das. 1895); »Grundlinien der anorganischen Chemie« (das. 1900, 2. Aufl. 1904); »Gedenkrede auf R. Bunsen« (Halle 1901); »Vorlesungen über Naturphilosophie« (Leipz. 1902, 3. Aufl. 1905); »Die Schule der Chemie« (Braunschw. 1904, 2 Bde.); »Abhandlungen und Vorträge allgemeinen Inhalts« (Leipz. 1904); »Malerbriefe. Beiträge zur Theorie und Praxis der Malerei« (das. 1904); »Elemente und Verbindungen« (das. 1904); »R. W. Bunsen« (das. 1905); »Kunst und Wissenschaft« (das. 1905); »Ikonoskopische Studien« (das. 1905); »Individuality and immortality« (Boston 1906); »Die chemische Reichsanstalt« (das. 1806). Auch übersetzte er Gibbs »Thermodynamische Studien« (Leipz. 1892), begründete die »Klassiker der exakten Wissenschaften«, eine Sammlung von Neudrucken älterer grundlegender Abhandlungen (das. 1889 ff., bisher 150 Nummern) und gibt die »Zeitschrift für physikalische Chemie« (mit van't Hoff, das., seit 1887) und seit 1901 die »Annalen der Naturphilosophie« (das.) heraus. Vgl. Walden, Wilhelm O. (Leipz. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 244.
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