Pathologie

[502] Pathologie (griech.), die Lehre von den Krankheiten, ruht wesentlich auf der Erkenntnis der anatomischen Veränderungen, welche die Organe unter abnormen Lebensbedingungen erfahren (pathologische Anatomie), und auf der Kenntnis der Veränderungen der chemischen und physikalischen Vorgänge im kranken Körper (pathologische Physiologie, pathologische Chemie, pathologische Physik). Als spezielle P. bezeichnet man die Lehre von den Erkrankungen, welche die einzelnen Organe, besonders die innern, wie Herz, Lungen, Leber, Nieren etc., in Krankheitsfällen erfahren, und die Wandlungen, die sie durchmachen müssen, um wieder zur Norm zurückzukehren. Diese Kenntnis wird durch Sektionen und durch mikroskopische Untersuchung der erkrankten Gewebe gewonnen. Zweige der speziellen P. sind die spezielle Ätiologie (die Lehre von den Ursachen der Krankheiten), die spezielle Pathogenese (Entstehung der Krankheiten), spezielle pathologische Anatomie, spezielle Symptomatologie (Krankheitserscheinungen), spezielle Therapie (Krankheitsbehandlung). Die allgemeine P. erforscht die allgemeinen Gesetze, nach denen sich die mannigfaltigen Erscheinungen der speziellen P. richten, sie behandelt also die allgemeine Lehre von den Krankheitsursachen, Störungen der Blutverteilung und Ernährung in den Geweben, die Entzündungen, Geschwülste, Mißbildungen, die Erzeugung von Krankheiten durch parasitäre Organismen etc. Insofern ein großer Teil der Gesetze der allgemeinen P. durch das Tierexperiment erkannt wird, spricht man von experimenteller P. Das Experiment gewährt den Vorteil, daß man nach Willkür Ort, Zeit und Bedingungen eines künstlich zu produzierenden krankhaften Zustandes wählen, letztern unter den mannigfaltigsten Modifikationen zur Anschauung bringen und den für die Untersuchung der Krankheit notwendigen Tod (des Tieres) eine bestimmte Zeit nach dem Experiment herbeiführen kann. Wir verdanken dem Experiment eine Reihe der sichersten pathologischen Tatsachen (vgl. Vivisektion).

Wichtigste Literatur: Rokitansky, Lehrbuch der pathologischen Anatomie (3. Aufl., Wien 1855–61, 3 Bde.); Förster, Handbuch der pathologischen Anatomie (2. Aufl., Leipz. 1862–65, 2 Bde.) und dessen »Lehrbuch« (10. Aufl., Jena 1875); Klebs, Handbuch der pathologischen Anatomie (Berl. 1868–80, 2 Bde.) und Allgemeine P. (das. 1887–89, 2 Bde.); Ziegler, Lehrbuch der allgemeinen P. und der pathologischen Anatomie (11. Aufl., Jena 1905–06, 2 Bde.); Orth, Lehrbuch der speziellen pathologischen Anatomie (Berl. 1883–93, Bd. 1 u. 2; Ergänzungsband 1891–94); Birch-Hirschfeld, Lehrbuch der pathologischen Anatomie (Bd. 1 in 5. Aufl., Leipz. 1896; Bd. 2 in 4. Aufl. 1895); Perls, Lehrbuch der allgemeinen P. (3. Aufl., Stuttg. 1894); Uhle u. Wagner, Handbuch der allgemeinen P. (7. Aufl., Leipz. 1876); v. Recklinghausen, Handbuch der allgemeinen P. (in der »Deutschen [502] Chirurgie«, Stuttg. 1883); Cohnheim, Vorlesungen über allgemeine P. (2. Aufl., Berl. 1880); Krehl, Pathologische Physiologie (2. Aufl., Leipz. 1898); Ribbert, Lehrbuch der allgemeinen P. etc. (2. Aufl., das. 1905); F. v. Niemeyer, Lehrbuch der speziellen P. und Therapie (11. Aufl. von Seitz, Berl. 1884, 2 Bde.); Eichhorst, Handbuch der speziellen P. und Therapie (6. Aufl., Wien 1904 ff., 4 Bde.); Ad. Strümpell, Lehrbuch der speziellen P. und Therapie (15. Aufl., Leipz. 1904, 3 Bde.); Liebermeister, Vorlesungen über spezielle P. und Therapie (das. 1885 bis 1894, 5 Bde.); Jürgensen, Lehrbuch der speziellen P. und Therapie (4. Aufl., das. 1902). Sammelwerke: v. Ziemssen u.a., Handbuch der speziellen P. und Therapie (Leipz. 1875–84, 16 Bde.); Nothnagel u.a., Spezielle P. und Therapie (Wien 1894 ff.). – Über die sogen. pädagogische P. vgl. die Artikel »Heilpädagogik« und »Kinderpsychologie«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 502-503.
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