Perpetŭum mobĭle

[602] Perpetŭum mobĭle (lat.), im allgemeinen ein Ding, das sich fortwährend bewegt. Jeder Körper muß, wenn er einmal in Bewegung gesetzt worden ist, darin verharren, solange ihn nicht äußere Umstände daran hindern. Ein Pendel würde unaufhörlich schwingen, wenn nicht die Reibung im Aufhängungspunkt und der Widerstand der Luft die lebendige Kraft allmählich aufzehrten (in Wärme verwandelten). Da nun aber die erwähnten Hindernisse überall und immer sich geltend machen, so gehört eine Maschine, die sich ohne Energiezufluß (s. Energie, Energiestrom) von außen fort und fort bewegt, zu den Unmöglichkeiten. Die Konstruktion eines P. hat seit den ältesten Zeiten stets solche Leute beschäftigt, die von Kraft und Materie falsche Vorstellungen hatten; man bemühte sich, Apparate zu bauen, die ohne äußere Hilfe einen Arbeitsüberschuß erzeugten, um diesen zu irgend welchen Zwecken benutzen zu können. Aber man vergaß, daß, wie keine Energie verloren gehen, so auch keine Energie ohne Aufwand einer gleichen Energiemenge erzeugt werden kann (Prinzip der Erhaltung der Energie). Allerdings würde das Prinzip der Erhaltung der Energie oder der erste Hauptsatz der Thermodynamik die Konstruktion eines P. insofern zulassen, als ein (praktisch) unerschöpflicher Vorrat an Energie in dem Wärmezustand der Erde gegeben ist. Indes ist auch ein solches sogen. P. zweiter Art unmöglich nach dem zweiten Hauptsatz, der aussagt, daß die Wärme nur dann in mechanische Arbeit umgesetzt werden kann, wenn ein Temperaturgefälle (bez. Druckgefälle, chemische Differenz) zur Verfügung steht (s. Entropie, Energieentwertung). Fortwährend sich bewegende Apparate sind unter andern Barometer und Magnetnadel; aber diese werden nicht durch sich selbst, sondern durch Änderungen des Luftdrucks und durch den Magnetismus der Erde in Schwankungen versetzt. Das sogen. elektrische P. s. Zambonische Säule. Noch unaufgeklärt ist die Quelle der Energie bei der beständigen Strahlung von Radium, Radiotellur und andern radioaktiven Substanzen (s. Becquerelstrahlen, Radioaktivität), die beständig elektrische Partikelchen (s. Elektronen) aussenden und außerdem sich selbst erwärmen derart, daß 1 kg Radium stündlich 1 kg Wasser von Zimmertemperatur bis zum Sieden erhitzen könnte. Vermutlich handelt es sich hier um Energie, die in den Atomen enthalten ist und bei deren Zerfall frei wird. Vgl. Dircks, P., or a history of the search for self motive power (Lond. 1861, neue Folge 1870); Daul, Das P. (Wien 1899). – P. ist auch Name für Tonstücke (von Weber, Mendelssohn u.a.), die von Anfang bis zu Ende in gleichen Noten von kurzem Wert fortlaufen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 602.
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