Perpignan

[602] Perpignan (spr. -pinjāng), Hauptstadt des franz. Depart. Ostpyrenäen, 11 km vom Mittelländischen Meer, am rechten Ufer der Têt gelegen, über die eine steinerne Brücke führt, ist Knotenpunkt der Südbahn und Festung erster Klasse. Auf einer Anhöhe über der Stadt erhebt sich die von Philipp II. von Spanien angelegte Zitadelle, die das alte Schloß der Könige von Mallorca und eine Kapelle mit schönem maurischen Portal umfaßt. Bemerkenswerte Gebäude sind ferner: die Kathedrale St.-Jean (1324–1509 erbaut), im Innern einschiffig, mit schönem Hochaltar, Grabmälern etc.; dabei ein Glockenturm und die kleine romanische Kirche St.-Jean le Vieux (ehemals Sitz der Inquisition); die alte Loge oder Börse (1540 in gotischem Stil errichtet, jetzt Kaffeehaus); das Castillet (jetzt Gefängnis, 1367–69 in maurischem Stil erbaut); das Stadthaus (14.–17. Jahrh.); das Gebäude der ehemaligen Universität (das Museum und die Bibliothek enthaltend); der ehemalige Justizpalast (15. Jahrh.); der moderne Justizpalast und das Präfekturgebäude. Denkmäler wurden dem Physiker Arago und dem Maler Rigaud errichtet. Die Einwohnerzahl beträgt (1901) 32,481 (als Gemeinde 36,157). Die Erwerbszweige der Bevölkerung sind: Wein-, Obst- und Gemüsebau, Fabrikation von Tuch, Korkpfropfen, Papier, Schokolade, Eisengießerei, namentlich aber Handel mit Wein (Roussillonweine), Obst, Kork, Wolle, Öl etc. Zur Förderung des Handels und der Industrie dienen eine Warenbörse, eine Handelskammer und eine Filiale der Bank von Frankreich. Auch befindet sich hier ein Staatsgestüt. An Bildungsanstalten besitzt die Stadt ein Collège, ein Priesterseminar, eine Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt, eine Gewerbeschule für Mädchen, eine Bibliothek von 18,000 Bänden, ein Naturalienkabinett, Kunst- und Antiquitätenmuseum, ein meteorologisches Observatorium, einen Botanischen Garten und mehrere wissenschaftliche sowie auch gemeinnützige Gesellschaften. P. ist der Sitz des Präfekten, eines Bischofs, eines Gerichts- und Assisenhofs und eines Handelsgerichts. Östlich von P. (5 km) liegt Castel-Roussillon mit isoliertem Turm an der Stelle des alten Ruscino (s. Roussillon) und (11 km) das Dorf Canet mit alten Befestigungswerken, besuchtem Seebad und (1901) 773 Einw. – P. war im Mittelalter die Hauptstadt der Grafschaft Roussillon und gehörte mit dieser seit 1172 zu Aragonien. Die 1349 von Peter von Aragonien hier gestiftete Universität ging zur Zeit der ersten französischen Revolution ein. Hier fand 1415 eine Zusammenkunft zwischen dem deutschen König Siegmund, König Ferdinand I. von Aragonien[602] und Papst Benedikt XIII. statt. 1475 wurde P. nach langer Belagerung von den Franzosen erobert, aber 1493 an Spanien zurückgegeben. Kaiser Karl V. begann die Befestigung der Zitadelle, und Philipp II. vollendete sie 1577. Die Franzosen unter Richelieu eroberten P. 1642 zum zweitenmal und erhielten es im Pyrenäischen Frieden definitiv abgetreten. Vgl. Vidal, Histoire de la ville de P. (Par. 1897); Torreilles, P. pendant la Révolution (Perpignan 1896–97, 3 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 602-603.
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