Referendār

[686] Referendār (lat., auch Referendär, »Berichterstatter«), vortragender Beamter, besonders Titel der im Vorbereitungsdienst bei den höhern Justiz- und Verwaltungskollegien beschäftigten ungeprüften Juristen. In Preußen und Sachsen heißen Referendare die Juristen, nachdem sie das Abgangsexamen von der Universität bestanden haben; in Süddeutschland werden sie Rechtspraktikanten genannt. Der R. hat weder Stimmrecht noch Anspruch auf Bezahlung, seine Beschäftigung soll ihn in erster Linie einführen in die praktische Rechtswissenschaft und ihm das Wissen verschaffen, das er zur Ablegung der Richterprüfung nötig hat. Vielfach aber wird der R. von den Behörden der einzelnen Bundesstaaten zu rein formalen Arbeiten (Sitzungsdienst) in einer dem Zweck seines Aufenthalts bei Gericht nicht gerecht werdenden Art und Weise herangezogen. Wo er dem Staat einen Gerichtsschreiber erspart, verdient er auch Bezahlung. Besser und richtiger ist es aber, den R. während seiner Vorbereitungspraxis nicht überwiegend mit Arbeiten zu beschäftigen, zu denen kein neunjähriges Gymnasialstudium und drei- bis vierjähriges Universitätsstudium notwendig ist. Die Folge dieser ungeeigneten Beschäftigung ist eine ungenügende Ausbildung, mangelnde Berufsfreude und damit ein ungenügendes Examen. Vgl. Daubenspeck, Der juristische Vorbereitungsdienst in Preußen (Berl. 1900). Die Referendare im Verwaltungsdienst heißen Regierungsreferendare. In manchen Ländern werden die Sekretäre (Ministerialräte) der höchsten Staatsbehörde Geheime Referendare genannt. In den päpstlichen Kanzleien ist R. ein Beamter, der die Bittschriften mit seinem Gutachten vorträgt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 686.
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