Ustĕri

[978] Ustĕri, 1) Johann Martin, schweizer Dichter, geb. 12. April 1763 in Zürich, gest. 29. Juli 1827 als Ratsherr daselbst, schrieb Erzählungen und Idylle in der Mundart seiner Heimat, als deren vorzüglichste das Gedicht »Der Vikari« gelten muß. In seinen hochdeutschen Dichtungen zeigt er sich besonders von Hölty und Matthias Claudius beeinflußt. Sein »Freut euch des Lebens« (1793) wurde zum Volkslied. Seine hinterlassenen »Dichtungen in Versen und Prosa« gab Heß (Berl. 1831, 3 Bde.; 3. Aufl., Leipz. 1877) heraus; aus seinem Nachlaß wurde die Novelle »Liebesabenteuer eines Zürichers vom glückhaften Schiff auf dem Freischießen zu Straßburg im Jahr 1576« (Halle 1877) veröffentlicht. Man hat auch von ihm eine große Anzahl von Zeichnungen (historische Bilder, Idylle und Humoresken) in zarten Umrissen miniaturartig ausgeführt. Vgl. Suter, Die Zürcher Mundart in Usteris Dialektgedichten (Zürich 1901); Nägeli, Johann Martin U. (das. 1907).

2) Paulus, schweizer. Staatsmann und Schriftsteller, geb. 14. Febr. 1768 in Zürich, gest. 9. April 1831, war der Sohn des um die Verbesserung des Züricher Schulwesens verdienten Professors Leonhard U. (gest. 1789), studierte in Göttingen Medizin, ließ sich dann in seiner Vaterstadt nieder und wurde Lehrer am medizinischen Institut und Aufseher des Botanischen Gartens. Seit 1797 Mitglied des Großen Rates, trat er bei dem Wechsel der Staatsform als Abgeordneter des Kantons Zürich in den Senat der helvetischen Republik, ward 1801 Mitglied des Vollziehungsrats und Präsident der helvetischen Tagsatzung, aber durch den föderalistischen Staatsstreich vom 28. Okt. gestürzt. 1802 wurde er von seinem Kanton zu der Konsulta nach Paris gesendet und Mitglied des Zehnerausschusses für die Konferenzen mit Napoleon I. Seit 1803 bekleidete er das Amt eines Züricher Staatsrates. In der Restaurationszeit Führer der liberalen Opposition, wurde er 1831, unmittelbar[978] vor seinem Tode, zum ersten Bürgermeister ernannt. Er gab u. d. T.: »Botanisches Magazin« und später »Annalen der Botanik« (Zürich u. Leipz. 1787–1800), die erste deutsche botanische Zeitschrift, sowie ein »Repertorium der medizinischen Literatur« (das. 1790–97) heraus, redigierte mit Escher von der Linth den »Schweizer Republikaner« (1798–1803) und seit 1821 die »Neue Zürcher Zeitung«, lieferte Jahrzehnte hindurch den größten Teil der Schweizer Artikel in die »Allgemeine Zeitung« und in Posselts »Europäische Annalen« und schrieb ein »Handbuch des Schweizerischen Staatsrechts« (2. Aufl., Aarau 1821, 2 Bde.). Nach seinem Tod erschienen von ihm noch »Kleine gesammelte Schriften« (Aarau 1832).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 978-979.
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