Absolution

[54] Absolution (v. lat. Absolutio), 1) (Rechtsw.), Freisprechung von der Strafe od. dem Verdacht eines Verbrechens; Absolutioabinstantia, so v.w. Entbindung von der Instanz, zum Unterschied von völliger Freisprechung, die Freisprechung wegen nicht ganz zureichenden Beweises; s. u. Criminalprozeß u. Strafurtheil; 2) (Kirchw.), die Handlung des Geistlichen, durch welche er die Consitenten in der Beichte von der Schuld u. Strafe ihrer Sündenlosspricht. Inder alten Kirche war die A. der öffentliche, richterliche Act, durch welchen denjenigen, die durch Abfall u. Verbrechen sich gegen die Kirche vergangen hatten, nach demüthigenden Büßungen von dem Geistlichen mit Zustimmung der Gemeinde die Aussöhnung mit derselben angekündigt wurde, u. mit diesem Acte glaubte man die Vergebung der Sünden bei Gott durch Christum verbunden. Seit dem 4. Jahrh. hatten die Bischöfe das Recht der A., u. da sich nun die Privatbuße[54] bildete, so ertheilten sie oder der von ihnen beauftragte Pönitentiarius für freiwillige Bekenntnisse die Privat-A. Seit dem 6. Jahrh. konnte dies jeder Priester, u. seit dem 9. Jahrh. wurde die A. sogar vor der Buße, was die alte Kirche nur Sterbenden bewilligt hatte, sogleich nach der Beichte ertheilt, u. dies ist Gebrauch der Kirche geblieben. Bei schweren, öffentlichen Verbrechen wurde das Recht, A. zu ertheilen (Absolutionsrecht), den Bischöfen, bei den gegen Kirchen u. Priester, bei unnatürlichen Lastern, Bruch des Gottesfriedens u. Meineid den Päpsten vorbehalten. Seit dem 13. Jahrh. wurde durch den gewöhnlich werdenden Ablaß (s.d.) die öffentliche Kirchenbuße immer milder u. damit auch die öffentliche A. seltner, so daß meist nur noch die Privat-A. im Beichtstuhl u. bei den Protestanten die allgemeine A. nach der Amtspredigt stattfindet. Bis zum 12. Jahrh. schrieb man die Macht der Sündenvergebung allein Gott u. Christo zu, wie die Absolutionsformel: Deus od. Christus absolvat te beweist, u. von da an erst den Priestern, die nun sprachen: Ego te absolvo. Von dieser Zeit an betrachtete man die A. als ein Sacrament, u. das Tridentinische Concil erklärte die A-formel für die Form des Sacraments der Buße. Die A-formel in der kathol. Kirche ist jetzt: Ego te absolvo a peccatis tuis in nomine patris et filii et spiritus sancti. Amen. Nach der kathol. Kirchenlehre handelt dabei der Priester nicht blos als Bote, der an die Vergebung der Sünden von Gott erinnert, sondern zugleich auch als Richter, so daß der von ihm Losgesprochene wirklich vor Gott losgesprochen, in den Stand der Heiligung vor Gott versetzt ist u. Anspruch auf die ewige Seligkeit hat, jedoch unter der Voraussetzung, daß wahre Reue u. gänzliche Sinnesänderung stattfindet u. das Sündenbekenntniß gethan ist. Ist dies nicht der Fall, od. sind die Vergehungen zu groß, so versagt der Priester die A., er behält die Sünden durch die Erklärung, daß Jemand nie, od. nur für jetzt nicht u. nicht unbedingt die Vergebung erhalte, u. daß er von der Gemeinschaft der Heiligen ausgeschlossen bleibe. Die Reformatoren nahmen in der Augsburgischen Confession die A. als 3. Sacrament unter dem Namen Sacramentum poenitentiae an, allein schon im großen Katechismus ließ es Luther weg, u. dabei ist die protest. Kirche geblieben, welche, im Gegensatz zur kathol. Ansicht von einem richterlichen Acte, die A. nur als Zusage u. Verkündigung der göttlichen Sündenvergebung betrachtet, die aber dem Gläubigen auch wirklich von Gott ertheilt wird. Die evangelischen Geistlichen brauchen deshalb auch die Formel: ich verkündige euch die Vergebung der Sünden. Verweigern können sie die A. nicht aus eigner Macht, wie die kathol. Priester, sondern nur nach Entscheidung der vorgesetzten geistlichen Behörde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 54-55.
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