Ausgraben

[46] Ausgraben, 1) A. von Alterthümern; die Versuche, durch Aufgrabung des Erdreichs an früher bewohnten Stätten, des Schuttes alter Gebäude, alter Todtenhügel etc., Reste der Cultur vergangener Zeiten an das Tageslicht zu fördern, sind schon seit längerer Zeit als ein wesentliches Mittel zur Erweiterung der Alterthumswissenschaften erkannt u. daher neuerdings fast in allen Theilen der civilisirten Welt mit vielem Eifer betrieben worden. Die bedeutendste Ausbeute lieferten die Ausgrabungen auf dem klassischen Boden Italiens, wo dieselben auch bereits seit dem Anfang des 16. Jahrh. vielfach geschehen sind. Ein Breve des Papstes Leo X. vom 27. Aug. 1515 suchte dieselben mehr zu regeln; eine wissenschaftlichere Grundlage erlangten die Ausgrabungen doch erst, seitdem bes. durch den Einfluß von Winckelmann die Archäologie u. die Kunstgeschichte auf richtigere Grundsätze gebracht u. dadurch ein eingehenderes Verständniß der alten Culturreste angebahnt war. In Griechenland nahmen die Ausgrabungen bes. seit der Erhebung desselben zu einem selbständigen Königreich einen bedeutenden Aufschwung u. führten in Athen, Delphi, Korinth, Olympia zu werthvollen Entdeckungen. In Ägypten u. Nubien haben bes. die Franzosen, neuerdings auch eine preußische Expedition unter Lepsius, wichtige Ausgrabungen veranstaltet. Aber auch in den entfernteren Theilen Asiens, wie in Indien, Assyrien u. Babylonien durch Botta, Layard, Rawlinson u. Andere, in Lycien durch Fellow, in Persien durch Rawlinson, selbst in Amerika, u. zwar in NAmerika durch Davis u. Squiers u. durch die Smithsonian Institution, u. in Mittel-Amerika durch Squiers, in Peru durch Ribero u. Tschudi, sind neuerdings vielfach Ausgrabungen veranstaltet worden, durch welche höchst bemerkenswerthe Aufschlüsse über die Geschichte u. Cultur fast ganz in Vergessenheit gerathener Völker gegeben wurden. In Frankreich, Deutschland, Belgien u. in neuester Zeit in England haben sich bes. die Geschichts- u. Alterthumsforschenden Vereine die Ausgrabung der Alterthümer zu einer Aufgabe ihrer Bestrebungen gemacht, u. sowohl über das römische als auch über das celtische u. altgermanische Culturleben durch Aufdeckung von Gräbern, Spuren alter Befestigungen etc. Erhebliches geleistet. Auch in Rußland, namentlich in SRußland u. in den Ostseeprovinzen, hat man das Augenmerk auf die Ausgrabungen von Alterthümern gerichtet. Hauptbedingung für den günstigen Erfolg solcher Aufgrabungen bleibt immer eine ganz genaue Aufsicht über den Gang der Arbeiten u. mögliche Beachtung aller, auch der für den ersten Augenblick unbedeutend erscheinenden Spuren, welche auf den Plan der ursprünglichen Anlage führen können. Mit Hülfe dieser Spuren ist der Plan der Anlage möglich zu reconstruiren u. unter Zugrundelegung desselben dann bei der Ausgrabung[46] weiter zu verfahren. 2) (Kirchen- u. Criminalrecht), das A. der Todten ist unerlaubt, selbst zu guten Zwecken, z.B. für anatomische Zergliederung; vgl. Resurrection men. Nur die Obrigkeit kann es bei Verdacht gewaltsamen Todes eines Beerdigten od. zu sonstigen nothwendigen Ausmittelungen veranstalten. Nach beendigter Untersuchung muß der Leichnam, so weit er noch existirt, gehörig wieder beerdigt werden. 3) (Jagdw.) beim A. von Fücksen u. Dachsen schickt man zunächst 1 od. 2 Dachshunde in den Bau, welche das darin steckende Jagdthier in den Kessel treiben u. verbellen. Dies ist für den Jäger ein Zeichen, wo das Thier steckt. Dort macht man einen Einschlag (Kasten) u. gräbt senkrecht bis auf den Kessel ein Loch, wo möglich vor dem Hunde gerade auf den Bau, u. erschießt entweder das Thier in ihm, od. zieht es mit einer Zange (Fuchs-, Dachszange) od. einer Schraube, die man in dieselbe (den Krätzer) einbohrt, od. mit einer 2 od. 3zinkigen Gabel (Fuchs-, Dachsgabel) heraus. Will man auf Raubthiere graben, so geschieht dies am besten, wenn das Thier Junge hat, od. in der Rollzeit. Vgl. Ausdämpfen u. Ausgießen. 4) A. der Zähne, s.u. Pferd.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 46-47.
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