Bader [1]

[168] Bader, 1) in ältester Zeit ein Badender, Badegast in einer Badestube; 2) der Besitzer u. Vorsteher einer Badestube (ehemals Bademeister, Stübner); 3) jetzt ein Mann, der vermöge einer erlangten, aber nicht mehr geübten Badestubengerechtigkeit in einem besonderen Innungsverhältnisse zu Ausübung des Badergewerbes, d.h. der Chirurgie in gewöhnlichen Fällen u. zum Barbieren, berechtigt ist. Da das Bartabnehmen, Haarverschneiden u. Reinigen des Körpers, auch das Behandeln ekelhafter Schäden, sonst des Aussatzes, in eigenen Badestuben, welche meist auf obrigkeitliche Anordnung in Städten u. selbst in Dörfern, als Pertinenzstücke zu adeligen u. Kammergütern von meist Leibeigenen (Badeknechten) vorgenommen u. von den B-n, die zum Theil aus den Badeknechten hervorgingen, beaufsichtigt wurden, so galten die B. lange für unehrlich, obgleich schon Karl IV, ihnen hie u. da, bes. in Prag u. Mähren, Zunftrechte gab, u. dies dauerte, wie die Anrüchigkeit der ihnen nahe verwandten Barbiere, so lange fort, daß noch 1731 hierüber Reichstagsverordnungen erschienen. Erst später erhielten die B. die von Obrigkeitswegen eingerichteten Stuben eigenthümlich gegen Erbzins u. andere Abgaben. Es war damals Sitte, daß in den dazu geheizten Badestuben ein od. mehrere Male die Woche Reinigungsbäder genommen wurden, meist des Sonnabends, weshalb noch jetzt Handwerker an diesem Tag eine Stunde eher Feierabend machen (Badeschicht). Diese Sitte des Badens in Badstuben kam erst ab, als das Tragen leinener Hemden statt der früher wollenen allgemeiner ward. Über die Berechtigung zum Barbieren u. zu chirurgischen Verrichtungen wurde, nachdem auch die Barbierer zünftig geworden waren, zwischen diesen u. den B-n häufig Streit geführt; hin u. wieder wurden Letztere nur auf das Schröpfen u. das Barbieren in ihrem eigenen Hause beschränkt; sie durften dann auch wohl keine Becken vor ihrem Hause, od. wenigstens nicht so viel, wie die Barbierer, od. nicht von gleicher Form aufhängen. Nachdem aber der Gebrauch der öffentlichen Badestuben ganz abgekommen ist, hat man den B-n die Befugniß zur Ausübung der, ihnen noch früher als den Barbierern zugestandenen Nebenverrichtungen nicht mehr vorenthalten, u. sie sind jetzt fast überall denselben in ihrer bürgerlichen Nahrung gleich gestellt. In den meisten deutschen Staaten ist dieser Unterschied selbst mit dem Namen aufgehoben. Wo medicinische Polizei geübt wird, können sie, wie die Barbierer, chirurgische Verrichtungen nur nach Prüfung u. Approbation Competenter, u. meist auch nur unter Beschränkungen, übernehmen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 168.
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