Bankerott

[295] Bankerott, 1) (Banquerout, vom ital. Banco rotto [die zerbrochene Tafel], da sonst die Zahlbank der verschuldeten Kaufleute zerbrochen ward, Insolvenz, Zahlungsunfähigkeit), der Zustand, in welchem Jemand, insbesondere ein Kaufmann, mehr Schulden als Vermögen hat. Wird nicht durch Vergleich (Accord) die Sache beseitigt, so tritt der Concurs (s.d.) u. der Concursproceß ein. Der[295] B. ist a) entweder unverschuldet, veranlaßt durch Unglück, Brand, Raub, Scheitern von Schiffen, fremde B-e u. dgl. (Fallissement, Insolvenz, Zahlungsunfähigkeit im engern Sinne). Dieser wird nicht bestraft. vielmehr kommen den Bankerottirern dann bei rechtzeitiger Anzeige ihres insolventen Zustandes noch manche Rechtswohlthaten zu Gute; od. b) der Schuldner, Fallit (hier Bankerottirer genannt), war Ursache an seiner Zahlungsunfähigkeit, für welchen Fall dann wieder aa) betrügerischer B., d.i. wenn die Aufborgung selbst od. die Behandlung der Glaubiger hinterher auf betrügerische Art, z.B. durch falsche Vorspiegelungen über den Stand des Vermögens, falsche Bücher od. heimliches Beiseiteschaffen von Vermögensstücken, geschah; bb) der muthwillige B., d.i. der durch übertriebenen, mit den Einkünften des Schuldners nicht in rechtem Verhältniß stehenden Aufwand, Kleiderpracht, Spiel, Luxus etc.; cc) der unbesonnene od. leichtsinnige B., der durch unsichere, gewagte, mit den Kräften des Schuldners nicht im Verhältniß stehende Unternehmungen, bes. Speculationen; dd) der fahrlässige B., der durch Nachlässigkeit, Unachtsamkeit in den Geschäften, nicht gehörige Buchhaltung u. Inventur, unterlassene Aufmerksamkeit auf die Conjuncturen, die Verhältnisse seiner Schuldner etc. entstandene zu unterscheiden sind. Von diesen Arten des B. ist nach gemeinem Strafrecht eigentlich nur der unter aa) genannte als strafbar zu betrachten, indem alsdann bei Kaufleuten entweder nach der Reichspolizeiordnung von 1577 neben Verlust aller Ehren u. Würden willkürliche Strafe einzutreten bat, od. die Bestimmungen über Fälschung u. Stellionat zur Anwendung kommen. Viel weiter sind jedoch die neueren Landesgesetze gegangen. Durch diese (zunächst durch einzelne Gesetze, sogenannte Bankerottirmandate, dann in den meisten neueren Strafgesetzbüchern) ist allgemein neben dem betrügerischen auch der leichtsinnige B., unter welchen Begriff dann meist die Fälle unter bb,) cc) u. dd) zusammengefaßt werden, mit Strafe bedroht worden. Doch beschränkt die Mehrzahl der neueren Gesetzbücher die Bestrafung der leichtsinnigen B-e nur auf Handelsleute, Fabrikanten u. Wechsler (Württemberg, Hessen, Hannover, Preußen); nur wenige haben die Bestrafung desselben auch auf nicht handeltreibende Personen ausgedehnt, dabei aber bei diesen zuweilen auch schon das bloße betrügliche od. auch nur leichtsinnige Schuldenmachen zu einem besondern Verbrechen erhoben Die Strafe ist Gefängniß, Arbeitshaus, in den schlimmeren Fällen auch wohl Zuchthaus bis auf mehrere Jahre. Im früheren Mittelalter wurde der Schuldner als Leibeigener versteigert; später wurde das Einlager (s.d.) angewendet. Eine alte deutsche Rechtsgewohnheit war auch, daß der Bankerottirer einen gelben Hut zu tragen hatte. 2) Fehler des Tuchs, wenn ein Streif von längeren Haaren nach dem Scheren auf demselben stehen geblieben ist.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 295-296.
Lizenz:
Faksimiles:
295 | 296
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika