Fez [1]

[252] Fez, 1) Königreich, nördlicher Theil des Sultanats Marokko, ans Mittelmeer grenzend, vom Gebirg Atlas (Zweig Alcai, Matagarda) durchzogen; Flüsse: Muluvia, Sebu, Buregreg (Burazag, vom Atlas, mit dem Vieru u. Concrn, ins Atlantische Meer) u.a.; 5543 QM., 3,200,000 Einw., darunter die Azaguen (Hirtenvolk). Theilt sich in 10 Provinzen (13 Präfecturen): F., Benihassan, Schewoja (Schavia), Temesna, Hiaina, Schaus, Angad, Errif, Gart, El Garb. – Das Reich F. war früher von Mauren (s.d.) bewohnt u. gehörte zu Mauritania Tingitania. Unter der römischen Herrschaft wurde es zur Provinz Hispanien geschlagen. Zur Zeit der Völkerwanderung drangen die Vandalen hierher u. saßen hier bis zur Eroberung Nordafrikas durch die Araber, die dem nordwestlichen Theil den Namen Mogreb Acßay od. Sous (Suse) gaben, u. zwar F. hieß Sous-el Adnay (das nahe S., im Gegensatz zu Sous el Acßay, dem fernen S., d.i. Marokko); es stand erst unter den Khalifen; 789 gr ündete Edris in Temesna ein neues Reich, dessen Hauptstadt Walyly ward; seine Nachfolger (Edrisiten), welche die Ommajaden in Spanien als Oberherren anerkannten, erweiterten das Reich, u. sein Sohn Edris baute 808 die Stadt F.; 828 folgte ihm Muhammed; die Edrisiten wurden aber von den Ghomeriden in Ceuta u. anderen benachbarten Fürsten sehr bedrängt u. mußten 925 F. verlassen; F. kam nun abwechselnd unter die gerade in Marokko herrschende Dynastie, bis 1070 die Almoraviden sich des Reichs bemächtigten u. dasselbe mit Marokko verbanden. Das Weitere s.u. Marokko (Gesch.). 2) (Fes), eine Hauptstadt des Sultanats Marokko, am Wad ul Dscheahari (Perlenfluß), schönste Stadt der Berberei; theilt sich in Fas Belli (Alt-F.) u. Fas Dschedid (Neu-F.) od. Medinat al beida (die weiße Stadt, so genannt wegen ihrer weißen Häuser); die Stadt liegt in einem schönen, mit Blumenfeldern, Fruchtgärten u. Gehölzen von Citron- u. Granatbäumen bedeckten Thal u. soll 85,000 Ew. haben (nach And. nur 40,000), worunter 10,000 Juden, 10,000 Berberer, 4000 Neger, die übrigen Mauren u. Araber; Sultanspalast, Festungswerke, schöne Häuser, geräumige Höfe (mit Gärten, Wasserbecken, Fischteichen), 100 (sonst 700) Moscheen (jede mit Bad, die schönste, El Karubin, mit 300 Marmorsäulen), viele Badehäuser, über 200 Karavanserais (Fondaques), jedes mit 50–100 Zimmern, 7 große Schulen; der Handel ist bedeutend, auch mit ausländischen Waaren; die Fabrikthätigkeit erzeugt vortreffliche Waaren aus Seide, Wolle, Leder u. Schmucksachen, bes. berühmt sind die nach der Stadt benannten rothen Mützen, die Pantoffeln u. Teppiche, die Sättel u. die Juwelenarbeiten. Jedes Handwerk hat sein besonderes Quartier. In der Nähe berühmte Schwefelbäder (Vischtula) u. die Atlasspitze Zaimbe. – Die Stadt F. wurde 808 von dem Fürsten Edris gegründet; als 1070 das Reich von den Almoraviden in Marokko erobert wurde, wurde auch die Residenz dahin verlegt, erst die Meryniden, deren Vaterstadt F. war (1248 bis 1480), residirten wieder hier, u. Abu Jussuf Yakub el Mansur ließ 1276 am anderen Ufer des Wad ul Dscheahari die Neustadt zum Unterschiede von der Altstadt (Fas Belli) erbauen. Auch die Wathas (1480–1550) residirten in F., aber die folgenden Dynastien verlegten die Hauptstadt wieder nach Marokko.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 252.
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