Manna

[833] Manna, 1) (Manna), gelbliche, zuckerartige, undurchsichtige, leicht zerbrechliche, weiche, mehr od. minder trockne, eigen süß schmeckende Substanz, welche aus der Rinde mehrer Eschenarten (Fraxinus excelsior, Fr. ornus, Fr. rotundifolia u.a.) von selbst od. durch gemachte Einschnitte ausfließt u. an der Luft erhärtet; als gelindes, auflösendes, bes. bei Verschleimung der Brust heilsames Laxirmittel, mehr als Zusatz zu andern Arzneien, als für sich allein im Gebrauch. Die M. wird in warmen Ländern, bes. in Calabrien, Sicilien, doch auch. in Spanien u. Amerika gewonnen. Nach Buchholz enthalten 100 Theile[833] Manna: Mannit 60, Schleimzucker mit färbendem Stoffe 5,5, Extractivstoff 0,8, etwas süß schmeckenden Gummi 1,5, faserigen, kleberartigen Stoff 0,2, Wasser u. Verlust 0,2. Nach Thenard besteht die M. aus Mannazucker (Mannit) u. aus einem süßen, krystallistrbaren u. einen ekelerregenden, nicht krystallisirbaren Stoff. In der M. von Eucalyptus mannifera aus Vandiemensland finden sich zwei Zuckerarten, der Eucalyptuszucker (Melitose) u. das Encalyn (s. b.); eine dem Eucalyptuszucker ganz ähnliche Substanz ist auch in der M. von Eucalyptus dumosa enthalten, diese schwitzt aus den Blättern aus u. dient den Eingeborenen als Nahrungsmittel. Die beste, aber fast gar nicht in Handel kommende Sorte M. ist die von selbst ausgeflossene: M. inlacrymis; ihr folgt die Röhrenförmige M. (M. canellata s. M. cannulata et longa), in leichten, mürben, trocknen, flachen, rinnenförmigen, hellgelben, auf dem Bruche blätterigen, oft krystallisirten, angenehm süßen Stücken. Die gemeine M. (M. vulgaris) besteht aus zusammenhängenden größern od. kleinern Stücken von verschiedener Reinheit. Aus ihr wird durch Auslesen der reinsten Stücken die am häufigsten angewendete auserlesene M. (M. electa) gewonnen. Die geringste Sorte ist die fette od. dicke M. (M. crassa, M. pinguis, M. spissa, M. sordida, auch M. calabrina, da sie meist aus Calabrien kommt), sie stellt eine gelbliche, weiche, schmierige, unreine Masse dar, soll aber am stärksten purgiren. Die Amerikanische M. kommt von mehreren Eschenarten in Mexico u. von den Antillen. Auch von mehreren andern Pflanzen wird ein mannaartige Substanz abgesondert. Die Fichte, der Pommeranzen-, Pflaumen- u. Schwarze Maulbeerbaum, der Zuckerahorn u.a. liefern ähnliche Producte durch Ausschwitzung der Blätter. M. australis kommt von Eucalyptus mannifera in Australien, M. cedrina von der Ceder von Libanon, M. celastrina (Chansermanna, Guz, Gez, Ghez) von Celastrus in Bombay u. Surate, M. cistina s. M. hispanica auf Cistus ladaniferus, M. laricina s. M. brigantina auf Larix europaea in Südeuropa, M. persica (Himmels- od. Alhagimanna auf Alhagi maurorum in Persien, Arabien, Syrien u. Ägypten), M. quercina auf den Blättern der Galläpfeleiche (Quercus infectoria) u. M. tamariscina von Tamarix mannifera (Tarsa) am Sinai. Die letztere, die bekannte Speise der Israeliten in der Wüste Zin (s. Hebräer [Gesch.] I.), wird erzeugt auf der Tamarix, namentlich auf den jüngsten Zweigen derselben, durch den Stich des Coccus manniparus, einer Art Schildlaus, die 3 Linien lang ist, nur in der Gegend des Sinai angetroffen wird u. zwar in besonderer großer Menge in nassen Jahren. Aus den dann warzig gewordenen u. von jenem Insect gestochenen Zweigen kommt ein Saft, dessen Hauptbestandtheil amorpher Zucker ohne eigentlicher Mannit zu sein scheint; ein mäßiger Baum gibt an 80,000 Tropfen. Im Juni wird dieser Saft gesammelt, vom Sand etc. gereinigt, indem man ihn durch grobes Zeug drückt u. inledernen Schläuchen aufbewahrt. In trockenen Jahren wird das M. gar nicht flüssig, u. die Beduinen essen die mannahaltigen Zweige roh od. in Wasser ausgekocht. Das M. in Stücken ist dasselbe M., nur ist es in der Nachtkühle erstarrt u. vor Sonnenaufgang abgelesen; es wird hoch gehalten u. theuer bezahlt. Der Hauptfundort des M. für die Mönche im Sinaikloster, ist der Tarfawald des Wâdi Scheikh, 2 Ml. vom Sinai; 2) M. von Briançon, s. Lerchenbaummanna; 3) M. difronde (M. mastichina) schwitzt wahrscheinlich aus den Blättern von selbst aus u. ist der M. in lacrymis gleich; 4) M. persica (Persisches M.), kommt vom Alhagisträuche; 5) Polnisches M., so v.w. Mannagrütze.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 833-834.
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