Pascha [1]

[721] Pascha (hebr., eigentlich Schonung, Vorübergang), eins der drei jüdischen Hauptfeste, zum Andenken an den glücklichen Auszug der Kinder Israel aus Ägypten, welches nach den Anordnungen 2. Mos. 12 u. 13 vom 15.–21. des Monats Nisan im Nationalheiligthum gefeiert u. dabei das Osterlamm genossen wurde. Der erste u. letzte Tag waren Festtage, an welchen keine Arbeit vorgenommen werden durfte. Am Vorabend des ersten Tages (Paschaabend, am 14. Nisan) vereinigten sich alle u. ließen sich die Haare scheeren; dann wurden die ungesäuerten Brode gebacken u. der Sauerteig ausgefegt, d.h. alles mit Sauerteig Gebackene unter freiem Himmel verbrannt; endlich wurde (zwischen dem Neigen u. dem Untergang der Sonne) ein einjähriger u. fehlerfreier Schaf- od. Ziegenbock (Osterlamm) im Vorhofe des Tempels geschlachtet, ganz gebraten u. wenn es dunkel wurde vom Hausvater mit seiner Familie od. anderen Gästen, welche sämmtlich im Reisecostüm erschienen (zur Erinnerung an den Auszug an Ägypten), immer aber in Gesellschaft (nach späteren Bestimmungen nicht unter 10 u. nicht über 20), ohne Überrest verzehrt. Als Zukost genoß man bittere Kräuter u. ungesäuerte Brodkuchen (Trübsalsbrod), letztere das ganze Fest über, daher im N. T. das P. Fest der süßen Brode genannt, zur Erinnerung an den Auszug, welcher vor Durchsäuerung des angemachten Brodteiges stattfinden mußte. In späterer Zeit wurden 4 bis 5 Becher rother, mit Wasser vermischter Wein herumgereicht. Die Ordnung über der Mahlzeit war folgende: nachdem der Hausvater den Lobspruch über den Wein u. den Tag gesagt hatte, trank er den ersten Becher u. nach ihm die Tischgenossen; dann wusch er die Hände unter einem Lobspruch u. segnete die nun aufgetragenen bittern Kräuter, aß davon, indem er dieselbe in die Charoseth (eine Würzbrüh) tunkte; die Tischgenossen thaten dasselbe. Zwischen dem Leeren u. Austrinken des zweiten Bechers belehrte der Vater den Sohn über die Bedeutung des Festes u. der inzwischen aufgetragenen Festgerichte u. stimmte den ersten Theil des Lobgesangs (Hallel), Ps. 113 u. 114, an. Nun brach er das Brod, aß ein Stück mit bittern Kräutern umwickelt u. in die Charoseth getaucht u. segnete darauf auch das Festopfer u. das Osterlamm. Nun begann die eigentliche Mahlzeit, wobei erst Brod, dann Fleisch vom Festopfer u. zuletzt das Osterlamm gegessen wurde. Darauf wusch der Vater wieder die Hande, sprach das Dankgebet, segnete u. trank den dritten Becher (Calix benedictionis). Zwischen dem Einschenken u. Austrinken des dritten Bechers wurde der zweite Theil des Hallel's, Ps. 115–118, gesungen. Im Namen u. zum Heil des Volkes wurden täglich zwei junge Stiere, ein Widder u. sieben einjährige Lämmer als Brand-, dazu die nöthigen Speis- u. ein Bock als Sühnopfer dargebracht. Am zweiten Tage des Festes brachte man mit einem Brandopfer die reisen Erstlingsgarben dar, welche in der Nacht vom 16. Nisan von Mitgliedern des Hohen Rathes auf einem Acker bei Jerusalem geschnitten, in den Vorhof des Tempels gebracht, entkörnt, die Körner gemahlen, das Mehl dreizehnmal gesiebt, mit Öl u. Weihrauch zu einem Webeopfer bereitet, davon eine Handvoll auf dem Altare verbrannt, das Übrige aber von den Priestern gegessen wurde. Diejenigen, welche als zu spät gekommen od. unrein das P. zur gehörigen Zeit nicht mit feiern konnten, sollten es am 14. des folgenden Monats halten, u. dies hieß Kleinpascha. Das P. fällt gewöhnlich in die christliche Charwoche u. nie vor dem 26. März od. nach dem 25. April des Gregorianischen Kalenders. Gauß hat einige einfache Regeln gegeben, das Datum[721] des P. arithmetisch leicht zu bestimmen. Der erste Tag des neuen auf das P. folgenden jüdischen Jahres, der 1. Tisri, fällt stets auf den 163. Tag nach dem 15. Nisan ein. Ob ferner das in Rede stehende Jahr ein kurzes, mittleres od. langes gemeines od. Schaltjahr ist, läßt sich dadurch ermitteln, daß man zwei zunächst auf einander folgende Pascha- u. Neujahrstage bestimmt; dann wird der Unterschied der beiden letzteren, d.i. der beiden Neujahrstage, sofort angeben, zu welcher der sechs Arten von Jahren das in Rede stehende Jahr gehört.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 721-722.
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