Salernitanische Schule

[782] Salernitanische Schule. Unter den Benedictinerklöstern im Neapolitanischen wurde das zu Salerno seit dem 10. Jahrh. in medicinischer Hinsicht berühmt; Kranke wallfahrteten dahin, indem die Reliquien des St. Matthäus, des Schutzpatrons des dortigen Klosters, so wie die der Märtyrerinnen[782] Thekla. Archelois u. Susanna, als besondere Heilmittel schwerer Krankheiten galten. Aber schon im 11. Jahrh. verbanden die salernitanischen Mönche mit dieser Praxis auch Gelehrsamkeit, indem sie die arabischen u. griechischen Ärzte studirten, u. in den Kreuzzügen erhielt Salerno als erste medicinische Lehranstalt im Occident Berühmtheit. Im 12. Jahrh. setzten die salernitanischen Ärzte, an deren Spitze sich Johann von Mailand (s. Johannes 291) befand, diätetische Verhaltungsregeln (Schola salernitana od. Regimen sanitatis salernitanum) in Versen auf (gedruckt zuerst 1480 u.ö., bes. herausgegeben von Ackermann, Stendal 1790, u. in mehre neuere Sprachen übersetzt, deutsch Lpz., o. J., Augsb. 1502, Nürnb. 1515, von G. Schuster Frankf. 1750, Paderborn 1806). Die eigentliche Organisation der Schule fällt in das Jahr 1150, u. dieselbe gewann im 13. Jahrh. durch Verordnungen des Kaisers Friedrich II. ein sehr großes Ansehen. Niemand durfte im Königreich Neapel die Arzneikunst ausüben, welcher sich nicht von dem medicinischen Collegium in Salerno hatte examiniren lassen. Auf das günstigste Zeugniß desselben wurde er Magister; verstand er auch die Physik u. die analytischen Bücher des Aristoteles, so wurde er Magister artium et physices. Ehe Jemand zum Studium der Arzneikunst zugelassen wurde, mußte er wenigstens 3 Jahre lang Logik studirt haben; das Studium der Medicin u. Chirurgie dauerte 5 Jahre u. darnach mußte der Candidat noch 1 Jahr unter Anleitung eines älteren Arztes prakticiren. In der Mitte des 14. Jahrh. fing Salerno an viel von seinem alten Ruhm zu verlieren, welcher dann allmälig bes. durch die Medicinischen Schulen in Bologna u. Paris völlig verdunkelt wurde, bis sie 1827 aufgehoben ward.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 782-783.
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