Capistrano

[379] Capistrāno (Giovanni de), gewöhnlich Joh. Capistranus genannt, war ein schwärmerischer und kriegerischer Franziskanermönch, geb. 1386 in Capistrano, einem neapol. Städtchen, von dem er nach damaligem Gebrauche seinen Namen entlehnte, studirte bis ins 30. Jahr die Rechte und trat dann, durch eine Erscheinung bewogen, in den Franziskanerorden. Hier zeichnete er sich bald durch seine Strenge gegen sich und Andersdenkende so aus, daß sich die Päpste seiner als eines sehr wirksamen Werkzeugs zur Ausrottung der sogenannten Ketzer und zur Beförderung der Kriege gegen die Türken bedienten. Papst Nikolaus V. sandte ihn deshalb 1450 nach Deutschland, wohin ihm ein großer Ruf vorausgegangen war und wo er mit tiefer Ehrfurcht empfangen wurde. Überall strömte ihm das Volk in ungeheurer Menge zu und hörte seine lat., ihm daher unverständlichen, aber von dem lebhaftesten Mienenspiel begleiteten Predigten mit größerer Erbauung an, als den Vortrag eines Franziskaners, der sie nachher in deutscher Sprache zu wiederholen pflegte. C. reiste über Wien durch Mähren und Böhmen, wo er zwar auch ehrenvoll empfangen wurde, aber mit seinen Predigten wider die Hussiten wenig ausrichtete, weil der Erzbischof von Prag vor[379] ihm gewarnt hatte. Glänzender war seine Aufnahme 1453 in Breslau, wo er aus dem Fenster eines Hauses auf dem jetzigen Blücherplatze so salbungsreich gegen Weltliebe, Luxus und die zunehmende Sittenverderbniß sprach, daß das gerührte Volk Brettspiele, Spielkarten, Spiegel und andere Luxusartikel herbeischleppte und verbrannte; auch ließ er 40 Juden, die beschuldigt worden waren, geweihte Hostien entwendet und gemishandelt zu haben, den Feuertod sterben und verfuhr gegen ihre Glaubensgenossen in Schweidnitz, Liegnitz und Löwenberg nicht minder grausam. Nachdem er 1454 noch Krakau besucht hatte, wendete er sich wieder nach Deutschland und foderte zur Bekämpfung der Türken auf, die ein Jahr früher Konstantinopel erobert und dem griech. Reiche ein Ende gemacht hatten. Nachdem er sich vergeblich an die Fürsten gewendet, versuchte er mit mehr Erfolg sein Glück beim Volke und führte ein ansehnliches Kreuzheer nach Ungarn, mit dem er zum Entsatz des von Mohammed II. belagerten Belgrads 1456 wesentlich beitrug, sowie durch seine Feuerpredigten den gesunkenen Muth der Ungarn aufrichtete. Das Crucifix in der Hand, führte er die Streiter gemeinschaftlich mit dem ungar. Feldherrn Hunnyades gegen die Feinde und brachte, selbst kämpfend, ihnen eine große Niederlage bei, erlag aber nicht lange nachher am 23. Oct. 1456 im Franziskanerkloster zu Illock einem bösartigen Fieber. C. war klein von Person, abgemagert durch Fasten und Anstrengungen und darin, wie in seinem Feuereifer, mit Peter von Amiens zu vergleichen. Der Ruf seiner Wunderthaten nahm nach seinem Tode noch zu; man wallfahrtete zu seinem Grabe, erzählte von Kranken, die dort genesen waren und so erfolgte 1690 seine Aufnahme unter die Heiligen der katholischen Kirche, welche sein Gedächtniß an seinem Sterbetage feiert.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 379-380.
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