Elisabeth Petrowna

Elisabeth Petrowna

[654] Elisabeth Petrowna, Kaiserin von Rußland, jüngste Tochter Peter's des Großen und Katharina I., geb. 1710, sollte nach ihres Vaters Absicht mit Ludwig XV. von Frankreich vermählt werden, allein diese Verbindung der beiden mächtigen Häuser kam nicht zu Stande.

Nach ihres Vaters Tode 1725 war dessen Enkel, Peter II., Kaiser geworden, und als dieser 1730 gestorben, folgte ihm Anna Iwanowna, Herzogin von Kurland, eine Tochter Iwan's, des Stiefbruders Peter's des Großen, auf dem Throne. E. war nun die muthmaßliche Thronfolgerin. Allein kurz vor Anna's Tode gebar ihre Schwestertochter, die Prinzessin Anna von Mecklenburg, die an den braunschweig. Prinzen Anton Ulrich verheirathet war, einen Sohn, Iwan, welchen die Kaiserin Anna zum Thronfolger erklärte und ihm huldigen ließ. Auch E. leistete den Eid der Treue und mochte auch damals noch nicht an politische Pläne denken, weil sie weniger ehrgeizig als sinnlichen Vergnügungen ergeben war. Der kleine Iwan wurde nach Anna's Tode, 1740, als Kaiser ausgerufen und der Herzog Biron Kurland zum Regenten erklärt, aber schon nach sieben Wochen wurde dieser durch den Feldmarschall Münnich gestürzt [654] nach Sibirien geschickt und die Prinzessin Anna übernahm die Regentschaft. E. stand anfangs mit dieser in gutem Vernehmen; als man sie aber nöthigen wollte, den Prinzen Ludwig von Braunschweig zu heirathen, gab sie, aus Abneigung gegen jede feste Verbindung, den Rathschlägen ihres Wundarztes L'Estocq und des franz. Gesandten, Marquis de la Chetardie Gehör, der Auftrag hatte, in Rußland Unruhen anzustiften und E. auf den Thron zu helfen. Indessen konnte bei L'Estocq's Unbesonnenheit und E.'s Unschlüssigkeit, welche die Ausführung von einer Woche zur andern verschob, die ganze Verschwörung leicht entdeckt werden, hätte die Regentin, die gewarnt wurde, Gegen maßregeln getroffen. Zwar sprach sie selbst mit E. über die umgehenden Gerüchte, ließ sich aber von ihr so täuschen, daß sie allen Verdacht deshalb fahren ließ. Als aber L'Estocq davon hörte, drängte er sie, zu handeln, stellte vor, daß sie schlechterdings wählen müsse, entweder Kaiserin zu sein, oder in ein Kloster gesteckt zu werden und ihre Diener am Leben gestraft zu sehen. Sie setzte darauf die Ausführung auf die nächste Woche fest. Um Mitternacht, am 6. Dec. 1741, begab sich die Prinzessin mit L'Estocq und Woronzow in die Kasernen der schon gewonnenen Grenadiere der preobraschenskischen Garde, ging mit ihnen nach dem Winter palast, wo die Regentin wohnte, nahm sie, ihren Gemahl und den kleinen Kaiser Iwan gefangen und am andern Morgen wurde E. allgemein als Kaiserin anerkannt. Die Prinzessin Anna blieb bis zu ihrem Tode, 1746, mit ihrem Gemahl, dem Prinzen Amon Ulrich von Braunschweig, auf eine Insel der Dwina am weißen Meere verbannt, wo auch der Letztere 1775 starb; wer sonst zu fürchten war, wurde nach Sibirien geschickt. Iwan lebte in der Festung Schlüsselburg, wo er 1764 ermordet worden ist. Die Regierung E.'s war nicht ausgezeichnet, denn sie überließ dieselbe meist ihren Ministern, während sie ihren Vergnügungen nachhing. Vor Allem war sie zu Ausschweifungen in der Liebe geneigt, sagte selbst, sie sei nur glücklich, wenn sie verliebt sei, und wählte sich mehre Liebhaber unter ihren Offizieren. Ein Spott, den sich einst Friedrich der Große über ihre Ausschweifungen erlaubte, machte sie zu seiner Feindin und entschied ihre Theilnahme am siebenjährigen Kriege, in welchem ihre Generale die Treffen bei Groß-Jägerndorf, Kay und Kunersdorf gewannen, bei Zorndorf aber geschlagen wurden. Sie starb am 5. Jan. 1762 und hinterließ vom Fürsten Rasumowski, mit dem sie in heimlicher Ehe lebte, zwei Söhne und eine Tochter.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 654-655.
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