Hahnemann

Hahnemann

[310] Hahnemann (Samuel Christian Friedr.), Doctor der Medicin und herzogl. anhalt-köthenscher Hofrath, bekannt als Urheber eines neuen Heilsystems, welches sehr viele Gegner, aber auch weitverbreitete Freunde und Bekenner gefunden hat, der Sohn eines Porzellanmalers zu Meißen, geb. ebendaselbst am 10. Apr. 1755, erhielt eine sorgfältige Erziehung und die erste gelehrte Schulbildung auf der Fürstenschule zu St.-Afra, studirte trotz seiner drückenden äußern Verhältnisse zuerst auf der Universität zu Leipzig und später in Wien Medicin.

Hier wurde er dem Statthalter von Siebenbürgen, dem Baron von Brückenthal, bekannt, der ihn zu seinem Hausarzt, Bibliothekar und Ordner seines Münzcabinets erwählte und mit nach Hermannstadt nahm, wo sich ihm mannichfache Gelegenheit zur ärztlichen Praxis darbot. Indeß kehrte er schon nach einigen Jahren nach Deutschland zurück, ging zunächst nach Erlangen, besuchte dort noch ein Jahr lang medicinische Vorlesungen, erwarb sich ebendaselbst 1779 die medicinische Doctorwürde und prakticirte darauf als Arzt zuerst im Mansfeldischen, dann in Dessau. Nach einiger Zeit übernahm er zwar das Physikat zu Gommern bei Magdeburg, gab aber aus Mismuth über die Unzuverlässigkeit der Heilkunde die ärztliche Praxis fast ganz auf und widmete sich von nun an vorzugsweise chemischen Studien und schriftstellerischen Arbeiten, bis er später in Leipzig bei Übersetzung eines von dem Engländer Cullen herausgegebenen Werks über Arzneimittellehre auf sein unter dem Namen Homöopathie (s.d.) allgemein bekannt gewordenes System der Heilkunde kam. Im Vertrauen auf die wichtigen Entdeckungen, welche er gemacht zu haben glaubte, entschloß er sich wieder zur ärztlichen Praxis und übte diese seinen neuen Ansichten gemäß zuerst in dem Heilinstitute für Wahnsinnige zu Georgenthal, später zu Braunschweig, Königslutter, Hamburg, nach seiner Rückkehr nach Sachsen aber zu Eilenburg und Torgau. Von Leipzig, wohin er sich von Torgau aus gewendet hatte, vertrieb ihn ein Rescript der sächs. Regierung, welches ihm die Verabreichung selbstbereiteter Arzneien verbot, insofern als ihm seiner Ansicht nach dadurch die Ausübung seiner neuen Heilmethode unmöglich gemacht wurde, und so nahm er denn bereitwillig einen Ruf des Herzogs Ferdinand zu Anhalt, Köthen an, der ihn zum Hofrath und Leibarzt ernannte, und ging im Sommer 1821 nach Köthen, wo er Einheimische und Auswärtige ohne fernere Behinderung homöopathisch behandelte und im Jahre 1829 sein Doctorjubiläum feierte, dem seine Schüler eine Denkmünze geweiht haben. Vielfach gepriesen, geschmäht und befehdet hat er aber endlich in hohem Alter sein deutsches Vaterland ganz verlassen und lebt gegenwärtig zu Paris, wo er durch eine besondere Ordonnanz des Königs zur ärztlichen Praxis berechtigt worden ist. Von den zahlreichen größern und kleinern Schriften, die er im Verlaufe seines vielbewegten Lebens geschrieben, sind, um sein neues System der Heilkunde kennen zu lernen, die wichtigsten sein »Organon der Heilkunst«, welches zuerst 1810 erschien; seine »Reine Arzneimittellehre« und seine »Chronischen Krankheiten«.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 310.
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