Heinrich IV. [2]

[362] Heinrich IV., König von Frankreich (1589–1610), der erste aus dem Hause Bourbon, folgte Heinrich III., dem letzten aus dem Hause Valois, nachdem dieser 1589 ermordet worden war. H. war ein Sohn Anton's von Bourbon, Herzogs von Vendome, und wurde 1553 zu Pau in Bearn im Departement Niederpyrenäen geboren. Seine Mutter, eine Tochter des Königs von Navarra, erklärte sich mit ihrem Sohne für die Partei der Hugenotten und nahm am Kampfe derselben gegen die katholische Partei thätigen Antheil. Der junge Prinz genoß eine ausgezeichnete Erziehung und befestigte seinen edlen Charakter in den mannichfachen Drangsalen des Bürgerkriegs, in welchem er 1568 von seiner Mutter zum Anführer der Hugenotten gemacht worden war. Da faßte die schändliche Katharina von Medici mit ihren Anhängern den Plan, nach Friedensvorspiegelungen alle Protestanten durch Mord zu vernichten, welcher in der Bartholomäusnacht (s. Bluthochzeit) vom 24–25. Aug. 1572 zur Ausführung kam. H. war mit Margaretha von Valois am 18. Aug. vermählt worden, nachdem kurz vorher seine Mutter, wahrscheinlich vergiftet, gestorben war und er den Titel eines Königs von Navarra angenommen hatte. Um in der Bartholomäusnacht sein Leben zu retten, mußte er zur katholischen Kirche übertreten. Nachdem Katharina vergebens versucht. die Ehe mit Margaretha zu trennen, wußte sie H. zu mancherlei unsittlichen Vergnügungen zu verleiten. Aber es gelang ihr nicht, ihn zu verderben, er entfloh 1576 vom Hofe, stellte sich wieder an die Spitze der Hugenotten und bekannte sich zu ihren Religionsgrundsätzen. Nachdem aber auf Katharina's Betrieb 1576 mit den Hugenotten ein Friede geschlossen worden war, demgemäß sie freie Übung ihrer Religionsgebräuche haben sollten, bildete sich 1587 unter Herzog Heinrich von Guise (s.d.) die bekannte Ligue, deren Heer H. 1587 bei Coutras schlug, und nachdem König Heinrich III. selbst mit der Ligue in Kampf gerathen und sogar des Throns für verlustig erklärt worden war, stand ihm H. gegen die gemeinsamen Feinde bei. Als der ermordete König starb, erklärte er selbst H. als seinen rechtmäßigen Nachfolger. Aber man wollte den protestantischen Fürsten nicht anerkennen. Spanien stand mit einem mächtigen Heere der Ligue bei und obgleich Sieger in mehren Schlachten gegen seine Feinde, sah sich H. doch genöthigt, nachdem er in der katholischen Religion sich hatte unterrichten lassen, zu dieser öffentlich 1593 in der Kirche zu St.-Denis überzutreten. Er wurde 1594 zu Chartres zum Könige von Frankreich gesalbt, hielt seinen Einzug in Paris, beruhigte die Parteien und erzwang endlich 1598 von Spanien einen vortheilhaften Frieden. In demselben Jahre sicherte er den Hugenotten durch das Edict von Nantes Religionsfreiheit und Sicherheit zu. Unablässig war er nun bemüht, das Glück und den Wohlstand seiner Unterthanen zu fördern, in welchen Bemühungen ihn sein Minister Sully unterstützte. Seiner weisen Sparsamkeit gelang es, 330 Mill. Livres Staatsschulden zu tilgen und noch 40 Mill. im Staatsschatz zu sammeln. Seine wohlwollende Gesinnung erstreckte sich noch über Frankreich hinaus. Die Klagen der Protestanten über die Bedrückungen Östreichs und Spaniens mochten ein Hauptgrund sein, daß er den großartigen Plan zu einer allgemeinen europ. Republik faßte, an welcher 15 an Macht und Ansehen gleiche Staaten Theil nehmen sollten. Ein ewiger Friede sollte das schöne Ziel dieser Vereinigung sein. Im Begriff, an die Ausführung dieses Plans zu gehen, wurde H. am 14. Mai 1610 in seinem Wagen von dem berüchtigten Ravaillac ermordet. Frankreich verlor seinen besten König, dessen Andenken noch jetzt gesegnet wird. Gern übersah man, daß der große Mann einer allzu großen Schwäche gegen schöne Frauen sich schuldig machte: er mußte seine unsittlichen Leidenschaften durch harte Erfahrungen in seinem Familienleben büßen. Nachdem er mit päpstl Zustimmung von seiner ersten Gemahlin sich getrennt hatte, gewann er durch seine zweite Gemahlin Maria von Medici zwar einen Thronerben, aber auch eine schwere Last, denn dieselbe verbitterte ihm durch mancherlei Untugenden das Leben. Endlich mußte H. auch noch erleben, daß mehre seiner ältesten Freunde sogar eine seiner Geliebten, ihn zu stürzen bemüht waren. [362] In seiner Henriade hat Voltaire das Andenken des durch Herzensgüte, Tapferkeit, Edelmuth und Klugheit ausgezeichneten Fürsten verewigt.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 362-363.
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