Denis

[527] Denis oder Denys (St.-), eine berühmte ehemalige Benedictinerabtei mit einer geschichtlich merkwürdigen Kirche, in der gleichnamigen kleinen Stadt, zwei Stunden von Paris. Kirche und Kloster waren dem h. Dionysius, franz. Denys, geweiht, welcher in der zweiten Hälfte des 3. Jahrh. von Rom nach Gallien kam und mit besonderm Eifer und Erfolge das Christenthum predigte, in der Nähe des damaligen, noch auf eine Seine-Insel beschränkten Paris aber seine apostolische Laufbahn durch den Märtyrertod endigte. Sein Leichnam sollte in die Seine geworfen werden, allein die damit beauftragten Kriegsknechte wurden von einer durch des h. Mannes standhaften Tod gerührten Heidin, Namens Catulla, betrunken gemacht, worauf sie ihnen den Leichnam entwendete und denselben in einem frischgepflügten Felde begrub. Später ward er wieder hervorgesucht und in einer deshalb erbauten Kapelle beigesetzt, die zwar im Kriege zerstört, an ihrer Stelle aber von der h. Genoveva (s.d.) eine Kirche erbaut ward, welche durch die reichen Schenkungen Dagobert I., 628–638, und seiner Nachfolger zu einer der reichsten Abteien wurde, in der jedoch die Klosterzucht darum auch desto schneller verfiel, durch Hinkmar, Erzbischof von Rheims aber um die Mitte des 9. Jahrh. wiederhergestellt wurde. Die Normänner plünderten die Abtei 865, worauf König Karl der Kahle sie befestigen ließ. Während des Kreuzzugs Ludwig's des Heiligen, 1226–70, schickte ihm der Abt von St.-D. ein auf Kosten des Klosters ausgerüstetes Schiff zu Hülfe, wofür Ludwig der Kirche große Geschenke machte und sie für immer zum Begräbnißorte der franz. Könige bestimmte; auch erhielten seit 1313 die Äbte von St.-D. Sitz und Stimme im Parlamente und es stand ihnen die geistliche und weltliche Gerichtsbarkeit über Stadt und Umgegend zu. Viel zu leiden hatte die Abtei während der franz. Bürgerkriege und der Kriege mit den Engländern im 15. Jahrh., zu Ende des 17. Jahrh. aber wurde sie durch Papst Innocenz XII. mit der Abtei St.-Cyr vereinigt, und der Titel eines Abts von St.-D. erlosch. Ungeachtet die Kirche der Abtei zu verschiedenen Zeiten erbaut wurde, fehlte es ihr doch nicht an Einheit des Planes. Sie hat die Gestalt eines Kreuzes, das Schiff ist 390 F. lang, 100 F. breit, 80 F. hoch; vier gewaltige Pfeiler stützen die beiden Thürme, 60 andere die Deckengewölbe; die drei ehernen, ursprünglich vergoldeten Thüren waren mit Basreliefs geziert und das Gebäude hatte überhaupt seit des h. Ludwig Zeiten bis zur franz. Revolution wenig Veränderung erlitten. Allein 1793 gab ein Decret des Convents die in den Gewölben unter der Kirche beigesetzten Gebeine sämmtlicher Könige aus dem Hause Bourbon und viele der frühern der Volkswuth preis. Die ehrwürdigsten Denkmäler wurden zertrümmert, den Heiligen und Königen an der Außenseite der Kirche die Köpfe abgeschlagen, die Särge aus den Grüften gerissen, ihr Inhalt in eine große Grube geschüttet, die bleiernen sammt dem Kirchdache eingeschmolzen und Kugeln daraus gegossen, die Abtei aber als Mehlmagazin benutzt. Der Kaiser Napoleon ordnete erst 1806 die Herstellung der Kirche und der ehemaligen kön. Gruft an, in die er jedoch einen neuen, durch eherne Thüren geschlossenen geräumigen Zugang öffnen ließ, indem der frühere vor dem Chore nur eine Art Kellertreppe war, welche mit einem Grabsteine verdeckt wurde. Ludwig XVIII. ließ jedoch nach seiner Thronbesteigung den neuen Eingang wieder vermauern und den alten herstellen und noch ruht sein Sarg auf den Stufen der Treppe, wo nach herkömmlicher Sitte der Leichnam jedes franz. Königs niedergesetzt wurde, bis der seines Nachfolgers ihn dort verdrängte und er in der Gruft selbst seinen Platz erhielt. Seit 1833 wird die früher auf das Nothwendige beschränkte, später ganz eingestellte Herstellung der Kirche mit erneutem Eifer im ursprünglichen Baustyle betrieben.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 527.
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