Saint-Denis

[432] Saint-Denis (spr. ßäng-dönĭ), 1) Arrondissementshauptstadt im franz. Depart. Seine, 4 km nördlich von Paris, am rechten Ufer der Seine gelegen, von der hier der Kanal von S. zum Ourcqkanal führt, ist Knotenpunkt der Nordbahn und steht außerdem durch Straßenbahn mit Paris in Verbindung. Das hervorragendste Bauwerk von S. ist die frühgotische Abteikirche (die Begräbnisstätte der französischen Könige seit der Merowingerzeit), die vom Abt Suger 1144 erbaut und 1869 durch Viollet-le-Duc restauriert wurde. Sie hat drei Portale, zwei zum Teil abgetragene Türme, ist im Innern dreischiffig, 108 m lang, 39 m breit und enthält die als Kunstwerke bemerkenswerten Denkmäler Dagoberts I., Ludwigs XII. und seiner Gemahlin Anna von Bretagne, Franz' I. und seiner Gemahlin Claudia, Heinrichs II. und seiner Gemahlin Katharina von Medici. Andre bemerkenswerte Bauwerke sind: die neue gotische, 1864–68 von Viollet-le-Duc erbaute Pfarrkirche, die ehemalige Abtei (seit 1809 Mädchenerziehungsanstalt der Ehrenlegion) und das Stadthaus (1883 im Renaissancestil erbaut). Eine Hängebrücke setzt die Stadt mit dem Dorfe L'Ile-S., auf der von der Seine gebildeten, langgestreckten Insel (2586 Einw.), und mit dem linken Ufer der Seine in Verbindung. S. zählt (1906) 64,790 Einw. und hat Fabriken für Maschinen, Waggons, Dampfschiffe, Leder, chemische Produkte, Kerzen, Seife, Parfümerien, Pianos, Branntwein, Teigwaren, Wachsleinwand, Glas, Tonwaren etc., ferner Obst- und Gemüsebau, Handel mit Mehl, Wein etc. – S. hat seinen Namen von dem heil. Dionysius (Denis), der 273 auf dem Montmartre bei Paris enthauptet wurde und in Catuliacum (dem heutigen S.) in einer Kapelle bestattet ward. Dort ließ König Dagobert I. 630 eine Kirche bauen, die unter Ludwig VII. umgebaut wurde, und gründete die Abtei, die durch Schenkungen bald so blühend und reich wurde, daß mehrere Könige von Frankreich sich Äbte von S. nannten. Seit Ludwig dem Heiligen blieb die Kirche Grabstätte der Herrscher von Frankreich. Die Revolution brachte der Kirche völlige Verwüstung; auf Befehl des Konvents wurden 1793 die Gebeine der Könige herausgerissen und in eine Kalkgrube geworfen. Schon Napoleon I. und noch mehr die Bourbonen ließen sich die Restauration angelegen sein. Seit 1840 ist S. in die Pariser Festungswerke einbezogen worden und von den Forts de la Briche (im NW.), Double Couronne du Nord (im N.) und de l'Est (im SO.) umgeben. 1871 (21. bis 26. Jan.) wurde es von den deutschen Belagerungsbatterien bombardiert. Vgl. Madame d'Ayzac, Histoire de l'abbaye de S. (Par. 1861, 2 Bde.); d'Heilly, Les tombes royales de S. (das. 1872); Bournon, Histoire de la ville de S. (das. 1892); Varaville, Histoire de l'abbaye de S. (das. 1903). – 2) Ehedem reiche, 1081 gegründete Benediktinerabtei in der belg. Provinz Hennegau, Arrond. Soignies, jetzt Dorf mit Steinkohlengruben, Baumwollspinnerei und (1904) 988 Einw. Hier 14. Aug. 1678 Sieg der Holländer unter Wilhelm III. von Oranien über die Franzosen unter dem Marschall von Luxembourg. – 3) Hauptstadt auf der Nordseite der franz. Insel Réunion (Indischer Ozean), an der Mündung der Rivière de S., Sitz eines Bischofs, mit Gerichtshof, Kaserne, Stadthaus, Bank, Museum mit Botanischem Garten, Theater, Lyzeum, theologischem Seminar, Militärhospital, wissenschaftlichen Vereinen, Zeitungen, Wasserleitung, elektrischem Licht und (1902) 27,392 Einw. (meist französische Kreolen; Inder, Kaffern, Chinesen, Mulatten). Seit 1897 durch Bahn mit dem Hafen Pointe des Galets verbunden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 432.
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