Kropf

[673] Kropf heißt eine unschmerzhafte, meist langsam sich entwickelnde und dann Jahre lang, oft das ganze Leben hindurch bestehende Geschwulst an dem vordern und untern Theile des Halses, die durch eine Vergrößerung der Schilddrüse [673] bedingt und hinsichtlich ihres Umfanges, ihrer Gestalt und ihrer Härte sehr verschieden ist. Diese Geschwulst beschränkt sich entweder auf eine Hälfte der Schilddrüse oder nimmt diese ganz ein und wird zuweilen ungeheuer groß, sodaß sie den Umfang von drei oder vier Mannsfäusten erreicht. Im Anfange zeigt die sie bedeckende Haut keine Veränderung; vergrößert sie sich aber in beträchtlicherem Grade, so schwellen die Blutadern des Halses und der Geschwulst an und erweitern sich. Ist der Kropf erst vor Kurzem entstanden, so fühlt sich derselbe gewöhnlich elastisch, weich und gleichmäßig an, ist dies aber schon längere Zeit her, so wird er fester, an einzelnen Stellen ganz hart und uneben, und verbindet sich nach und nach mit den nahegelegenen Theilen so fest, daß er seine bisherige Beweglichkeit ganz verliert. Sich selbst überlassen vergrößert sich derselbe immer mehr, nur in seltenen Fällen geht er in Entzündung und Eiterung über, worauf er kleiner zu werden oder auch ganz zu verschwinden pflegt. Im Anfange verursacht er wenige oder gar keine Beschwerden, wird er aber größer, so wird die Stimme nach und nach rauher, das Schlingen und Athmen behindert und es stellen sich heftige Hustenanfälle ein, die sich bis zur Erstickungsgefahr steigern können. Gleichzeitig häuft sich in Folge des erschwerten Blutlaufes durch die Halsgefäße das Blut in den Gefäßen des Kopfes an, das Gesicht wird aufgedunsen, bläulich, es stellen sich häufige Kopfschmerzen ein und mitunter kommt es zum Schlagflusse. Über die Entstehung des Kropfes ist man noch im Ungewissen. Erfahrungsgemäß ist derselbe in tiefen, engen, zwischen hohen Bergen gelegenen Thälern, wie sie z.B. in der Schweiz, namentlich im walliser Lande, in Salzburg, in den Pyrenäen u.s.w. vorkommen, gewissermaßen einheimisch und wird daselbst vorzüglich bei den sogenannten Kretins (s.d.) angetroffen, obschon er nicht nothwendig mit dem Kretinismus verbunden ist. Ob aber nun, wie man behauptet hat, die in solchen Thälern eingeschlossene, stockende und durch Winde selten oder gar nicht erneuerte und gereinigte und mit vieler Feuchtigkeit geschwängerte Luft oder der Genuß des daselbst eine Menge schwerlöslicher Salze enthaltenden Quellwassers und des durch das Schmelzen des Schnees entstandenen Wassers als Ursachen der Kröpfe betrachtet werden dürfen, ist bezweifelt worden. Denn man beobachtet Kröpfe auch in ganz flach gelegenen Gegenden, sowie auf den Gebirgshöhen selbst. Im Allgemeinen sind Frauenzimmer der Entstehung von Kröpfen beiweitem mehr ausgesetzt als das männliche Geschlecht, jüngere Personen mehr als ältere. Ferner begünstigt die Skrophelsucht ihre Entwickelung außerordentlich. Selten kommt er angeboren vor oder entsteht unter Begünstigung einer ererbten Anlage. Als besondere Veranlassungen, die ihn zuweilen ungewöhnlich schnell herbeiführen, hat man bisher körperliche Anstrengungen mannichfacher Art, heftiges Erbrechen, heftiges Drängen bei der Geburt, das Tragen schwerer Lasten auf dem Kopfe, öfteres lautes Schreien, häufiges übermäßiges Rückwärtsbeugen des Kopfes u. dergl. beobachtet. Über die Heilbarkeit des Kropfes entscheidet hauptsächlich seine Dauer, Größe, Beschaffenheit, das Alter und die körperliche Constitution des Kranken. Hat er noch nicht einen zu beträchtlichen Umfang erlangt, und ist der Kranke noch jung, so hat die Heilung keine großen Schwierigkeiten, ist er dagegen sehr groß, fest und hart, und kommt er bei ältern Personen vor, so trotzt er in der Regel allen Mitteln.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 673-674.
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