Luftballon

[780] Luftballon oder (griech.) Aërostal heißt die interessante Maschine, mit welcher der Mensch die Luft durchreisen kann, indem er in Wahrheit auf den Flügeln des Windes getragen wird, und welche, um in Gebrauch zu kommen und jedes andere Fahrzeug zu Land und Wasser überflüssig zu machen, nur an dem einzigen, aber entscheidenden Übelstande leidet, daß man es noch nicht vermocht hat, ihm eine beliebige Richtung in seiner Bewegung zu geben. Das Princip des Luftballons ist das allgemeine Gesetz des Schwimmens (s.d.). Jeder Körper, welcher leichter ist als die Luft, schwimmt in ihr und steigt empor, – und nur der Umstand, daß man lange Zeit keinen Körper kannte, welcher leichter als Luft war, hat die Erfindung des Luftballons lange zurückgehalten. Es kommt aber bei der Luft noch der Umstand in Betracht, daß sie immer dünner, d.h. specifisch leichter wird, je weiter man sich über die Erde erhebt. Ein leichter Körper wird folglich in ihr nur soweit emporsteigen, bis er eine Höhe erreicht hat, in welcher die Luft beinahe ebenso dünn und leicht geworden ist, als er selbst ist. Leichter als atmosphärische Luft ist das Wasserstoffgas und die künstlich verdünnte Luft. Diese beiden Körper hat man daher zur Herstellung von Luftballons genommen. Da dieselben aber beide auch luftförmig sind, so müssen sie gehindert werden, sich nicht ihrer Natur gemäß und unbegrenzt auszudehnen, denn dann würden sie nicht zum Tragen und Bewegen von Maschinen benutzt werden können. Man schließe daher eine Quantität Wasserstoffgas oder künstlich verdünnte Luft in eine Art Beutel ein, dann steigt sie sammt dem Beutel empor, aber nur dann, wenn der Unterschied des Gewichts zwischen der eingeschlossenen Luftart gegen die von ihr aus der Stelle gedrängte atmosphärische Luftquantität so bedeutend ist, daß [780] er mehr beträgt als das Gewicht des Beutels. Hieraus sieht man schon, daß der Luftballon immer eine gewisse Größe haben muß, sonst wird sein Steigen ebenso unmöglich stattfinden können, wie ein kleines Stück Holz einen großen Stein auf dem Wasser zu tragen vermag. Der Ballon muß um so größer sein, wenn er eine bedeutende Last zu heben im Stande sein soll. Die mit künstlich verdünnter Luft gefüllten Luftballons nennt man nach ihrem Erfinder Montgolfièren, die mit Wasserstoffgas gefüllten nach ihrem Erfinder Charlièren. Montgolfier machte seine Erfindung im J. 1782. Die Verdünnung der Luft bei seinen Ballons geschieht durch Erhitzung der im Innern derselben eingeschlossenen Luft. Die Wärme dehnt nämlich die Luft aus und je ausgedehnter die Luft ist, desto leichter ist sie. Hierher gehören die kleinen Ballons, welche man oft als Spielwerk braucht. Sie bestehen aus Beuteln, welche unten eine Öffnung haben. Unter diese Öffnung hängt man einen mit Weingeist getränkten Schwamm. Zündet man den Weingeist an, so bläst sich der Beutel immer mehr auf, steigt endlich empor und schwimmt so lange in der Luft, bis der Weingeist ausgebrannt, die Luft im Ballon also erkaltet, sich zusammenzieht und endlich so schwer wie die umgebende Luft ist. Versuche mit großen Montgolfièren sind mehre Mal schlecht abgelaufen, weil sich der Ballon entzündete, und man hat diese Art von Luftballons daher fast ganz aufgegeben. Bei den Charlièren (1783 erfunden) braucht man kein Feuer in der Nähe zu haben, dieselben bestehen aus einem rings verschlossenen Beutel, welcher mit Wasserstoffgas gefüllt ist, das an sich schon leichter als atmosphärische Luft ist. Die meisten Luftschiffer haben sich dieser Art von Maschinen bedient. Das Steigen und Senken der Montgolfièren wird durch die Verstärkung oder Verminderung des Feuers bewerkstelligt. Bei den Charlièren sind Klappen angebracht, durch welche man Gas entweichen lassen kann, wenn der Ballon sinken soll, und überdies führt der Luftschiffer Ballast mit, welchen er auswirft, so oft er die Steigkraft des Ballons erhöhen will. – Eine nützliche Anwendung hat man von der Luftschifffahrtskunde (Aëronautik, Aërostatik) noch nicht machen können, weil man, wie schon bemerkt, die Lenkung des Ballons nicht in der Gewalt hat. Die bisher angestellten Luftfahrten wurden zum Theil im Interesse der Wissenschaft, zum Theil zur Befriedigung der Schaulust der Menge, des Gelderwerbs wegen, unternommen. Die ersten Luftfahrten unternahm mit einer Montgolfière Pilatre de Rozier 1783 und bald folgten Andere nach. Die Franzosen Blanchard und Demoiselle Garnerin haben die meisten Luftfahrten als Schauspiele unternommen. Berühmt ist Blanchard's mit dem Amerikaner Jefferies unternommene Fahrt über den Kanal von Dover nach Calais am 7. Jan. 1785. Ihnen folgten mit demselben Unternehmen Pilatre de Rozier und Romain in demselben Jahre, aber ihre Maschine entzündete sich und beide Unternehmer kamen um. In Bologna stellte 1803 und 1804 der Graf Zambeccari Luftfahrten an und büßte bei der letzten sein Leben im adriat. Meere ein. Die berühmten Naturforscher Biot, Gay-Lussac und Arago haben Luftfahrten im Interesse der Wissenschaft unternommen. In Deutschland unternahm die ersten Luftfahrten Dr. Jungius in Berlin und in neuerer Zeit hat Professor Reichard mehre gewagt. Großes Aufsehen haben in neuester Zeit die von Green in England mit Glück unternommenen Fahrten gemacht. Derselbe stieg unter andern in Gesellschaft zweier Gefährten am 7. Nov. 1836 in London auf, flog über den Kanal und die Niederlande bis Deutschland, wo er sich im Nassauischen niederließ, nachdem er binnen 171/2 Stunden eine Entfernung zurückgelegt hatte, welche in gerader Richtung über 100 Meilen beträgt. Eine dem Luftfahrer vortheilhafte Erfindung ist der Fallschirm (s.d.).

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 780-781.
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