Wanzen

[653] Wanzen (die) gehören der Insektenfamilie der Heteropteren oder Ungleichflügler an, erleiden sehr unvollkommene Verwandlung und besitzen, kaum dem Ei entschlüpft, im Allgemeinen schon die Gestalt des ausgebildeten Insekts, haben Fühler, sechs Füße, vollständige Freßwerkzeuge und netzförmige Augen, häuten sich dann nicht weiter und bekommen zum Theil keine Flügelansätze. Es ist daher hauptsächlich die Übereinstimmung des Saugrüssels derselben mit dem der übrigen Insekten dieser Familie, welche sie denselben zugesellt. Berüchtigt ist die bekannte Bettwanze, rothbraun von Farbe mit sehr plattem Körper, an dem kein bedeutender Einschnitt Kopf und Bruststück trennt und die jetzt durch ganz Europa als Ungeziefer verbreitet, ursprünglich aber in Amerika zu Hause ist. Die Engländer verpflanzten dieselbe zuerst mit dem Bauholze über das Meer, welches sie nach dem großen Brande von London 1666 aus Amerika kommen ließen. Das Weibchen legt viermal jährlich im März, Mai, Jul. und Sept., jedes wenigstens 50 Eier und wie von Einigen behauptet wird, könnten diese auch durch den widerwärtigsten Geruch berüchtigten Insekten sechs Jahre Hunger leiden. Unzählige Mittel sind schon zur Vertilgung dieser lästigen Thiere vorgeschlagen worden, der Erfolg der meisten hängt aber von der sorgfältigen und wiederholten Anwendung derselben ab. Im Allgemeinen ist große Reinlichkeit und fleißiges Lüften der Räume und Betten ein gutes Abwehrmittel, weil der Wanze Beides zuwider ist. Die übrigen laufen darauf hinaus, die Ritzen und Öffnungen und alle Schlupfwinkel in den Bettstellen, Wänden u.s.w. sorgfältig zu verkleben, in denen sich die Wanze der ihre Brut verhalten, um beide dadurch zu tödten, wozu schon heißes Fett, Leim, mit Terpenthin versetzter Walrath hinreichen, theils werden mit giftigen Stoffen versetzte Mischungen dazu verwendet. Um sich auf Reisen über Nacht oder während kurzer Zeit vor ihnen zu schützen, wird das Besprengen des Bettes und Benetzung von Hände und Gesicht mit Weinessig oder Citronensäure empfohlen. Selbst eine Art Wanzenfalle ist wider das Ungeziefer ersonnen worden und im südl. Frankreich in Gebrauch. Sie besteht in einem, vom Korbmacher geflochtenen Schirme von der Länge des Bettes, der zwischen dieses und die Wand gesetzt, alle Morgen aber vorgenommen und ausgeklopft wird, wo dann, die Wanzen, welche darin einen vollkommenen Schlupfwinkel gefunden zu haben meinten, herausfallen und getödtet werden können. – Mit den vorigen kann zu den Hauswanzen noch die Koth-, Masken- oder Fliegenwanze gezählt werden, welche länglich gestaltet ist, dunkelbraun aussieht und als Larve und Puppe sich stets mit Koth, Staub und Fasern verhüllt, wovon, sowie von ihrer eifrigen Vertilgung der Fliegen, ihre Namen herrühren. – Die Beerenwanze, auch Qualster geheißen, hält sich an Johannisbeer-, Himbeer- und Brombeergesträuchen auf, deren Früchte von ihr einen sehr widrigen Geschmack annehmen, ist eirund, graubraun, der Hinterkörper oben schwarz und am Rande abwechselnd schwarz- und weißgefleckt. Andere Wanzen findet man auf den Blättern und an der Rinde der Bäume, wo sie theils vom Safte derselben, theils von Raupen und andern Insekten leben, die von ihnen getödtet und ausgesaugt werden. Ihr kleiner Kopf bildet meist mit dem Brustschilde ein Dreieck, der übrige Körper ist eiförmig und nicht bei allen wird der den Wanzen eigne, widrige Geruch beobachtet. Einige Arten Wanzen leben auch im Wasser (Wasserwanzen) und nähren sich von Insekten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 653.
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