Bad

[371] Bad. Im engern und eigentlichen Sinne nennt man B. das absichtliche Eintauchen des Körpers oder eines Theils desselben in Wasser oder in eine andere Flüssigkeit; im weitern Sinne auch die Einwirkung anderer Stoffe, gas- und dampfförmiger oder auch fester Substanzen auf die Haut des Körpers, durch Eintauchen in dieselben oder Umhüllung des Körpers mit ihnen oder die Anwendung des Wassers in Strahlen- und Tropfenform. Den Namen B, führen ferner auch die gebäulichen, zum Zweck des Badens dienenden Einrichtungen, sowie die zum Baden verwendeten und hergerichteten Stoffe selbst, Der Zweck des Badens ist theils ein diätetischer zur Reinigung und Erfrischung des Körpers sowie zur Abwehr von Krankheiten, theils ein therapeutischer, heilender. In ersterer Hinsicht waren die Bäder schon im grauen Alterthum im Gebrauch, und nicht bloß von den Aerzten der frühesten Zeiten, sondern auch von den Gesetzgebern und Religionslehrern empfohlen und vorgeschrieben. Die Einrichtung eines röm, B.s berücksichtigte, wie die verschiedenen Arten des B.s, so auch alle Bequemlichkeiten und Vergnügungen. Neben den Haupttheilen, den eigentl. B. zimmern, je ein besonderes für das kalte, laue, warme B. und für das Schwitzbad, waren besondere Gemächer zum Auskleiden, zum Salben und zum Reiben des Körpers. Die Umgebung des B.s zierten meistens noch Gärten, Säulengänge, Alleen, Säle zum Ballspiel und Bibliotheken. Der alte Deutsche benützte das Flußbad und erst später durch die Berührung des Abendlandes mit dem Morgenlande und die von daher zurückgebrachten Hautkrankheiten machte sich das B. als allgemeines Bedürfniß geltend, und so entstanden die B.stuben des Mittelalters. Die Mineralbäder, obgleich schon Karl der Gr. die Aachener Thermen empfahl, kamen erst mit dem 15. u. 16. Jahrh. in Aufnahme. Endlich aber in der neuern Zeit fand das B. seine volle Würdigung als diätetisches und heilendes Mittel, daher auch jetzt in allen civilisirten Ländern nicht nur die Mineralbäder an Zahl bedeutend zugenommen und in ihren Einrichtungen sich verbessert haben, sondern auch das B. im weitern Sinne und in allen seinen Formen der leidenden Menschheit überall seine Hilfe bietet. – Nach der Verschiedenheit der Temperatur, nach der Verschiedenheit der Substanzen und nach der Art und [371] Weise der Anwendung dieser Substanzen zum B., zerfallen die Bäder in nachstehend näher bezeichnete Arten: 1. das kalte und kühle Wasserbad, kaltes von 6–8°, kühles von 8–20°R. Das allgemeine kalte B., das in der Regel nur wenige Minuten währen darf, ist vermöge der durch dasselbe hervorgerufenen kräftigen Reaktion des Körpers ein belebendes Mittel; nach dem B. verbreitet sich über den ganzen Körper eine wohlthätige belebende Wärme, alle Funktionen werden bethätigt und besonders die Ausdünstung vermehrt. Es findet seine Anwendung besonders bei acuten Fiebern, acuten Hautausschlägen, bei Lähmungen, Schwäche der Haut, allgemeiner Schwäche, nervösen Leiden, als Nachkur bei Gicht und Rheumatismen. Das zum Theil hieher gehörige Seebad s. Bade- und Brunnenkuren. Häufiger als das allgemeine kalte B. kommt das örtliche in Anwendung, und zwar als Sturzbad und kalte Waschungen in den genannten Leiden, ferner als Spritz- oder Douchebad, besonders gegen Lähmungen, schwarzen Staar, Wahnsinn, chronische Kopfleiden, Scheintod. – 2. Das laue und warme B., jenes von 20–25°, dieses von 25–33°R. Es wird entweder als allgemeines ganzes B. angewendet oder als Halbbad oder als Fuß- und Handbad. Die allgemeinen warmen Bäder erhöhen die Lebensthätigkeit, wirken beruhigend, krampfstillend, stellen unterdrückte Hautausdünstung, unterdrückte Ausschläge und Blutflüsse wieder her, daher ihre Anwendung bei Fiebern mit Delirien, Hysterie, Hypochondrie, erethischen Nervenleiden, chronischen Ausschlägen, Gicht, Rheumatismen, Convulsionen, Koliken, eingeklemmten Brüchen, Lähmungen. Bei örtlicher Anwendung des warmen B.s zeigt sich ebenfalls die beruhigende und ableitende Wirkung, so bei äußern Leiden, Abscessen, Geschwüren, Augenentzündungen etc. Die warmen Fußbäder dienen hauptsächlich zu Herstellung unterdrückter Blutungen bei fieberhaften Kopfleiden, Asthma, trockener Fieberhitze. – 3. Das heiße B. Als allgemeines B. kommt dieses seltener in Anwendung und es gehört besonders bei Anlage zu Schlagfluß Vorsicht dazu; häufiger als örtliches Bad, so in atonischer Gicht, Lähmungen und Steifheit der Glieder. – 4. Das Dampfbad. Die Dampfbäder unterscheiden sich von den warmen Wasserbädern bloß dadurch, daß das Wasser in Dunstform, also mehr vertheilt angewendet wird, und die Anzeigen sind deßhalb bei beiden die gleichen. Das allgemeine Dampfbad oder russ. B. wird in besonders dazu eingerichteten B.stuben genommen, in denen die Dämpfe durch Aufguß von Wasser auf heiße Steine entwickelt werden, zugleich werden abwechselnd kalte Begießungen damit verbunden. Auch in Deutschland ist dieses B. jetzt sehr allgemein geworden und wird besonders bei rheumatischen und gichtischen Leiden gelobt. Bei den örtlichen Dampfbädern wird der Dampf entweder aus reinem Wasser oder aus Wasser mit Arzneistoffen, erweichenden, krampfstillenden etc. versetzt, an den leidenden Theil geleitet und ihre Anwendung findet besonders statt bei kalten Geschwülsten, Drüsenverhärtungen, Geschwüren und Entzündungen in Mund, Hals, Ohren, in den Lungen, bei Unterdrückung des Monatflusses und der Lochien. 5. Die Mineralbäder (s. Bade- und Brunnenkuren). 6. Das medicinische B. Diese Bäder haben vor den andern das Eigenthümliche, daß dem Wasser ein oder mehrere Arzneistoffe zugesetzt werden, um die Einwirkung dieser durch die Haut zu erzielen. Sie sind entweder allgemeine oder örtliche. Nach den verschiedenen Heilzwecken sind es entweder erweichende Bäder mit Zusatz von Kleien, Heublumen, erweichenden Species oder krampfstillende mit Aufgüssen von Chamillen, Rosmarin, Baldrian etc. oder stärkende, mit aromatischen, ätherisch-öligen und adstringirenden Stoffen, auch mit Eisenpräparaten oder Laugenbäder mit Zusatz von Aetzkali oder Potasche, Lauge, wie besonders das Stützʼsche, bei heftigen Krämpfen besonders wirksame B.; oder Seifenbäder, Salzbäder, Schwefelbäder mit Auflösung von Schwefelleber, Jodbäder, Sublimat- und Eisenbäder. – 7. Die Douchen, das Douchebad mit Einwirkung des Wassers in Strahlenform[372] auf den Körper. Es wird durch eine besondere Vorrichtung ein mehrere Linien dicker Wasserstrahl auf den leidenden Theil geleitet, wobei kaltes oder warmes oder auch mit Arzneistoffen versetztes Wasser in Anwendung kommen kann. Die Douche ist ein sehr kräftig wirkendes B. und ihre Wirkung kann selbst bis zu Entzündung des Theils gesteigert werden. Sie wirkt stärkend, beruhigend und auflösend bei Lähmungen, Verhärtungen, Ankylosen, Nervenleiden, Rheumatismus und Gicht, schwarzem Staar, Geisteskrankheiten, Scheintod. Zu der Douche gehören auch als besondere Arten das Regen- oder Schauerbad, wo der Kranke vermittelst einer Brause mit Wasser in Regenform übergossen wird; wirkt besonders stärkend und reizend; ferner das Tropfbad, mit Herabfallen einzelner Tropfen aus größerer oder geringerer Höhe von 10–30 Fuß auf den leidenden Theil, ein sehr reizendes, belebendes und stärkendes Mittel, besonders bei Lähmungen, Nervenleiden. – 8. Das Thier- und Blutbad, schon im Alterthum gekannt und empfohlen. Es wird entweder der ganze Körper mit der Haut eines frisch geschlachteten Thieres umhüllt oder einzelne Theile in den geöffneten Leib eben getödteter Thiere gehalten oder in ihrem Blute gebadet. Die Anwendung geschieht besonders bei Lähmungen, Schwäche der Theile, Nervenleiden. – 9. Das Luftbad, wobei man sich mit bloßem Körper der Luft aussetzt, frei oder in eigens dazu gebauten, nach allen Seiten zu öffnenden Häuschen. Seine Wirkung ist eine stärkende und abhärtende. – 10. Das Sonnenbad besteht darin, daß sich der Mensch an einem sonnigen und von Winden geschützten Plätzchen den Sonnenstrahlen aussetzt; wirkt stärkend bei Reconvalescenten, Schwäche überhaupt, Bleichsucht etc. – 11. Das electrische B., durch Isolirung des Körpers und Anfüllung desselben mit Electricität kommt besonders bei Neurosen in Anwendung. – 12. Das Erdbad, Eingraben und Bedecken des Körpers (mit Ausnahme des Kopfes) in lockere sandige Erde an einem trockenen sonnigen Orte, besonders bei Scheintod durch Blitz, ferner bei Epilepsie, Veitstanz. – 13. Das Sandbad, ähnlich dem vorigen, nur statt Erde erwärmter Sand. – 14. Das Schneebad, Bedecken des Körpers oder eines Theiles mit Schnee, bei Erfrierungen. – 15. Das Laubbad, durch Umgeben des Körpers mit trockenem Birken- oder besser Erlenlaub; gewöhnlich folgt starker Schweiß, daher bei Rheumatismen, Gicht und Hautwassersucht. – 16. Die Schlammbäder, gewöhnlich aus dem schlammigen Niederschlage der Mineralwasser bestehend, besonders gegen Gicht, Merkurialkrankheit, Verhärtungen, Geschwülste, Contrakturen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 371-373.
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