Telegraph

[426] Telegraph, Vorrichtung zur schnellen Mittheilung von Nachrichten in weite Entfernungen; T.ie, die Anwendung dieser Vorrichtung zu dem genannten Zweck. Man unterscheidet zunächst optische u. elektromagnetische T.en. Mit jenen wurden schon im Alterthum Versuche gemacht. Die Idee der jetzigen optischen T.en stammt von dem Franzosen Amontons (1660). Sie wurde hierauf öfter wieder angeregt, aber erst durch Chappe 1789 ausgeführt, der im Auftrag des Convents den ersten T. errichtete. Auf sein System optischer T.en gründen sich alle spätern. Diese T.en werden auf hoch u. frei gelegenen Punkten errichtet, in 2–8stündiger Entfernung von einander, je nach dem Terrain, so daß jeder die zwei nächsten im Gesichtsfeld hat. Der T. besteht aus einem auf einer Stange befindlichen und um eine Achse drehbaren Balken, an dessen Enden sich zwei ebenfalls bewegliche Lineale befinden, die sich in beliebige Stellung zum Hauptbalken wie dieser zur Horizontalebene, bringen lassen, wodurch die einzelnen Zeichen gegeben werden. Diese verschiedenen Stellungen werden durch Schnüre aus dem unter dem T.en befindlichen Zimmer nach einem kleinen Modell-T. en bewirkt, während 2 andere Personen durch Fernrohre die beiden nächsten T.en beobachten. Zur Angabe der Buchstaben, Zahlen etc. sind im Ganzen 70 Zeichen erforderlich. Die Schnelligkeit der Ueberlieferung beträgt etwa für 30 Ml. 2 Minuten. Etwas anders construirt sind der engl. u. der preuß. T. – Die elektromagnetischen T.en, welche die optischen jetzt gänzlich verdrängt haben, beruhen außer der außerordentlich schnellen Fortpflanzung der Elektricität theils auf dem Ablenken der Magnetnadel durch den elektrischen Strom, so bei den Nadel-T.en, theils auf dem Umstande, daß ein mit einem isolirten Kupferdraht umwundenes Stück weiches Eisen bei Durchleitung des elektrischen [426] Stromes durch den Kupferdraht magnetisch wird, die magnetische Kraft aber im Momente wieder verliert, wenn der elektrische Strom unterbrochen wird. Eine solche Vorrichtung heißt Elektromagnet (s. Elektromagnetismus) u. kommt bei den Druck-T.en in Anwendung. Man unterscheidet somit zunächst Nadel-T.en, bei denen die Zeichen durch die verschiedenen Stellungen einer od. mehrer Magnetnadeln gegeben, und Druck-T.en, bei denen die Zeichen durch Druck auf Papier dargestellt werden. Die einfachste und gebräuchlichste Art der letztern ist der Morse'sche T. Die Hauptbestandtheile desselben sind: a) die Batterie zur Erzeugung der Elektricität, entweder eine galvanische Batterie od. ein elektromagnetischer Rotationsapparat; b) der Leitungsdraht zur Fortleitung des elektrischen Stromes nach den entfernten Stationen; c) ein Elektromagnet; d) der Apparat zum Zeichengeben. Dieser letztere ist neben dem Elektromagnet angebracht und besteht zunächst aus einem eisernen Hebel, Anker genannt, von dem der eine Arm sich über dem Elektromagnet befindet, während der andere abgewendete und mit einer aufwärts gehenden Spitze versehene Arm sich unter einer Walze befindet, an der sich ein Papierstreifen durch ein Uhrwerk langsam abwindet. Wird nun von einer entfernten Station aus vermittelst des Leitungsdrahtes ein elektrischer Strom in das Drahtgewinde des diesseitigen Elektromagneten geleitet, so wird das Eisenstück des selben magnetisch und zieht das über ihm befindliche Ende des Ankers herab, während das andere Ende in die Höhe geht und mit seiner Spitze einen Eindruck in den Papierstreifen macht. Wird der elektrische Strom unterbrochen, so kehrt der Anker wieder in seine ursprüngliche Lage zurück, u. so kann man, je nachdem man den elektrischen Strom jedesmal nur einen Augenblick od. etwas länger unterhält, beliebig Punkte oder Striche auf dem fortgleitenden Papierstreifen hervorbringen, welche die telegraphische Zeichenschrift bilden. Noch eine andere Art elektromagnetischer T.en ist der Zeiger-T., bei dem die Zeichen auf einer uhrenblattähnlichen Tafel mittelst eines Zeigers gegeben werden; jetzt wenig mehr in Gebrauch. Die elektromagnetische T.ie hat den großen Vorzug, daß unmittelbar in sehr große Entfernungen t.irt werden kann und mit außerordentlicher Schnelligkeit, indem die Fortleitung des elektrischen Stroms durch hunderte von Stunden Entfernung in einem Augenblicke geschieht. Die Anzahl der Zeichen, die in einer Minute gegeben werden können, beträgt 60–80. – Der erste brauchbare Nadel-T. wurde 1833 von Gauß und Weber in Göttingen errichtet, hierauf der erste Druck-T. von Steinheil in München. Sodann folgten wesentliche Verbesserungen durch Bain in England, Morse in Amerika u.a.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 426-427.
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