Alexēi

[307] Alexēi, 1) A. Michailowitsch, zweiter Zar von Rußland aus dem Hause Romanow. Sohn und Nachfolger Michails Feodorowitsch, geb. 10. März 1629, gest. 29. Jan. 1676, kam 1645 unter der Leitung seines Erziehers Morosow zur Regierung. Durch Errichtung eines tüchtigen Heeres, in dem Ausländer eine Rolle spielten, schuf er sich eine bedeutende Macht; indessen hatte der Zar beim Beginn und gegen das Ende seiner Herrschaft mit innern Unruhen zu[307] kämpfen. Der Streit um Kleinrußland, dessen orthodox-griechische Einwohner, insbes. die Kosaken unter dem Hetman Bogdan Chmelnizkij, den Schutz des Zaren gegen die Polen anriefen und 1654 die Botmäßigkeit des Zaren anerkannten, nötigten A. zu einem langjährigen Krieg mit Polen; durch den Frieden von Andrussowo (1667) gewann A. die Ukraine bis zum Dnjepr. Im Kriege mit Schweden (1655–1658) eroberte A. zwar einen großen Teil Livlands und Ingermanlands, mußte ihn aber im Frieden von Kardis (21. Juni 1661) zurückgeben. Dafür unterwarf er Sibirien, Daurien und das Amurland und unterdrückte den Aufstand der Donischen Kosaken (1672). Während seines letzten Jahrzehnts sorgte A. für die innere Organisation seines Reiches. Zugleich knüpfte er politische und merkantile Verbindungen mit China, Persien und den europäischen Staaten, namentlich mit Holland, an. Durch ihn kam das russische Gesetzbuch »Uloshenie« zu stande. Sein Nachfolger war sein Sohn Feodor; diesem folgte sein Stiefbruder Peter d. Gr.

2) A. Petrowitsch, der älteste Sohn Peters d. Gr. und der Eudoxia Lapuchin, geb. 28. (18.) Febr. 1690, gest. 7. Juli (26. Juni) 1718, geriet frühzeitig unter den Einfluß der altrussischen Partei, die den Reformen des Zaren widerstrebte. Peter gab ihm zeitweilig ausländische Erzieher und forderte ihn wiederholt auf, entweder den Sinn zu ändern, oder der Thronfolge zu entsagen und ins Kloster zu gehen. A. erklärte sich zu letzterm bereit. Als aber Peter seine zweite Reise ins nördliche Europa angetreten hatte, entfloh A. 1717 nach Wien und von da nach Neapel. Überredet durch den Gardehauptmann Rumjanzow und den Geheimrat Tolstoi kehrte A. zwar zurück, fand aber Gefängnis und strenges Gericht. Der Ukas vom 14. (3.) Febr. 1718 sprach Alexeis Ausschließung vom Thron für alle Zeiten aus. und nach näherer Untersuchung ließ der Zar auch A. auf Hochverrat anklagen und ihm das von 127 Richtern einstimmig gesprochene Todesurteil vorlesen. Bald darauf starb A., wahrscheinlich an den Fo'gen der Folter. Nach andern Nachrichten soll er im Gefängnis enthauptet oder vergiftet worden sein. Immermann hat die Geschichte Alexeis in der Trilogie »Alexis« dramatisch behandelt. A. hinterließ von seiner Gemahlin Charlotte Christine Sophie, Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel (gest. 1715), eine Tochter (gest. 1728) und einen Sohn, den nachmaligen Kaiser Peter II. Vgl. A. Brückner, Der Zarewitsch A. (Heidelb. 1880). Urkunden über A. veröffentlichten Jessipow und Pogodin in der »Zeitschrift der Gesellschaft für russische Geschichte und Altertümer« (Mosk. 1861).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 307-308.
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