Bentham

[640] Bentham (spr. bénthĕm oder -tĕm), 1) Jeremy, brit. Rechtsgelehrter, besonders bekannt als Begründer der Nützlichkeitsphilosophie oder des Utilitarismus, geb. 15. Febr. 1748 in London, gest. 6. Juni 1832, begann schon als 13jähriger Knabe seine Studien in Oxford, hatte später als Sachwalter große Erfolge, gab jedoch freiwillig diese Laufbahn auf und machte es sich zur Lebensaufgabe, das Problem einer vernunftgemäßen Gesetzgebung zu lösen und für dessen Realisierung tätig zu sein. Die erste Schrift, mit der er öffentlich auftrat: »A fragment on government« (Lond. 1776), war eine Erläuterung zu einem Abschnitt in Blackstones »Commentaries«. Ihr folgte »Defence of usury« (1787), worin er das Unpolitische der Beschränkungen des Geldverkehrs dartat. Die wichtigsten Gegenstände der Regierungskunst behandelte er in seiner »Introduction to the principles of moral and legislation« (1789, neue Ausg. 1871; deutsch, Köln 1833). Als Prinzip der Sittlichkeit galt ihm das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl, oder Maximisation der Glückseligkeit; der Grundsatz des Nutzens bildet die Grundlage für Moral (Deontologie) und Rechtslehre. Eine ganz besondere Beachtung erfuhr (auch in Deutschland) seine Schrift »Panopticon, or the inspection house« (1791, 3 Bde.), worin er den Plan zu einer neuen Bauart der Gefängnisse, Arbeitshäuser, Irrenhäuser und ähnlicher Anstalten darlegte, der in dem Milbankgefängnis zu London z. T. ausgeführt wurde. Der zu seinen inhaltreichsten Schriften gehörige »Plan for the organisation of the judicial establishment« (1792) war für Frankreich bestimmt. Eine Überarbeitung und systematische Darstellung der Lehre Benthams gab sein Schüler Etienne Dumont (s. d. 1) zu Gen j in den Schriften: »Traités de législation civile et pénale« (Par. 1802, 3 Bde.; neue Ausg., Lond. 1858; engl. Ausg. von Hildreth, Boston, Mass., 1840; Lond. 1871 u. 1896; deutsche Ausg. von Beneke, Berl. 1830, 2 Tle.) und »Théorie des peines et des récompenses« (1812, 2 Bde.). Auch den interessanten »Essai on political tactics« (1791) bearbeitete Dumont nach Benthams Manuskript u. d. T.: »Essai sur la tactique des assemblées législatives« (Genf 1815, 2 Bde.; deutsch, Erlang. 1817). Die Notwendigkeit einer Radikalreform des englischen Parlaments suchte B. nachzuweisen in dem »Plan of parliamentary reform« (1817) und in »Radical reform bill« (1819). Sein »Rationale of judicial evidence« (1827, 5 Bde.; deutsch: »Theorie des gerichtlichen Beweises«, Berl. 1838) lieferte nebst der Theorie des Beweises eine umfassende Prüfung des Verfahrens der englischen Gerichtshöfe. Der Sieg der Parlamentsreform erheiterte seine letzten Lebenstage. Am meisten Beifall fand B. in Amerika, wo der Staat Louisiana 1830 ein nach seinen Schriften ausgearbeitetes Gesetzbuch annahm. In Deutschland versuchte Reinwald v. Birkenfeld in der Schrift »Die Eine Frage« (Leipz. 1842) der Lehre Benthams Eingang zu verschaffen. Seine Werke wurden gesammelt herausgegeben von Bowring mit Einleitung von J. H. Burton (Edinb. 1843, 11 Bde.). Vgl. auch Birks, Modern utilitarianism; or the systems of Paley, B. and Mill (Lond. 1874); weiteres s. Utilitarismus.

2) George, Botaniker, geb. 22. Sept. 1800 in Slote bei Plymouth, gest. 10. Sept. 1884 in London, lebte 1814–26 bei Montpellier, erforschte dort die Flora der PyrenäenCatalogue des plantes indigènes des Pyrénées et du Bas-Languedoc«, Par. 1826), studierte dann in London Rechtswissenschaft, widmete sich aber bald ausschließlich der Botanik, wurde 1830 Sekretär der Gartenbaugesellschaft und später Präsident der Linnéschen Gesellschaft zu London. Er schrieb: »Labiatarum genera et species« (Lond. 1832–36); »Handbook of the British flora« (5. Aufl. 1887); die »Flora Honkongensis« (1861); die »Flora australiensis« (mit Ferd. Müller, 1863–70); »Genera plantarum« (mit Hooker, 1862–83, 3 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 640.
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