Campanella

[723] Campanella, Thomas (eigentlich Giovan Domenico), ein als Philosoph hervorragender ital. Mönch, geb. 5. Sept. 1568 zu Stilo in Kalabrien, gest. 21. Mai 1639, ward in seinem 15. Jahre Dominikanermönch. Durch eine Schrift: »Philosophia sensibus demonstrata« (Neap. 1590), worin er Telesius, den Bekämpfer des Aristoteles, verteidigte, machte er sich den Anhängern des letztern so verhaßt, daß er aus seiner Heimat fliehen mußte. Der Zauberei angeklagt, wurde er, als er nach längerm Aufenthalt in Rom, Florenz, Venedig, Padua und Bologna 1599 in seine Vaterstadt zurückkehrte, auch in politischer Hinsicht verdächtigt, so daß ihn die spanische Regierung wegen eines beabsichtigten Majestätsverbrechens in den Kerker werfen ließ, in dem er 26 Jahre lang schmachtete. Siebenmal auf die Folter gebracht, jedes Umganges und anfänglich selbst aller Lektüre beraubt, verfaßte er im Gefängnis über 40 z. T. verloren gegangene Schriften, bis er endlich auf Verwendung des Papstes Urban VIII. in Rom interniert und drei Jahre später (1629) mit einem Jahrgehalt freigegeben wurde. Auch in Rom vor den Spaniern sich nicht sicher fühlend, ging er nach Paris, wo Ludwig XIII. und Richelieu ihn gütig aufnahmen. Lebensmüde zog er sich zuletzt in ein Kloster seines Ordens daselbst zurück. Der Tod überraschte ihn, ehe er die Sammlung seiner Werke vollendet hatte; nur die vier ersten Bände (Par. 1630) waren erschienen. Außer dem angeführten Werk erwähnen wir noch von ihm: »De sensu rerum et magia« (Frankf. 1620; 2. Aufl., Par. 1636); »Universalis philosophiae seu metaphysicarum rerum juxta propria dogmata partes III« (Par. 1638); »Civitas solis« (Frankf. 1623; deutsch: »Der Sonnenstaat«, von Wessely, Münch. 1900); »Atheismus triumphatus s. contra antichristianismum« (Rom 1631). Der Katholizismus und Papismus werden vertreten in »Monarchia Messiae« (Aix 1633) und in »Della libertà e della felice suggezzione allo stato ecclesiastico« (das. 1633), wodurch er sich die Gunst des römischen Stuhles sicherte. Von seinen Gedichten besorgte Tobias Adami eine Ausgabe u. d. T.: »Scelta d'alcune poesie filosofiche de Settimontana Squilla« (Frankf. 1622; neue Ausg. von Orelli, Lugano 1834), woraus Herder in der »Adrastea« (Bd. 3)[723] Stücke ins Deutsche übersetzt hat. Über seine eignen Schriften gibt C. Nachricht in »De propriis libris et recta ratione studendi syntagma« (beste Ausg. von Naudé, Par. 1643). Seine Theologie war die des Thomas von Aquino, seine Naturphilosophie von Telesius, seine Logik von Lullus beeinflußt; nur in der praktischen Philosophie bewegte er sich freier. Der Theolog sollte sich so wenig auf Naturgesetze wieder Physiker sich auf die Bibel berufen. Grundlage aller Erkenntnis ist die Wahrnehmung (sentire est scire) und der Glaube. Aus ersterer entsteht in wissenschaftlicher Arbeit die Philosophie, aus letzterm die Theologie. Die Metaphysik umfaßt die Urgründe aller Dinge, das Seiende (ens) und das Nichts (non-ens), und deren Eigenschaften: potentia, sapientia und amor. Das Gewisseste ist ihm die eigne Existenz; dieser Satz findet sich mit Beweisen Campanellas für das Dasein Gottes später bei Descartes wieder. In Campanellas »Sonnenstaat«, der der »Republik Platons« nachgebildet ist, steht an der Spitze ein Metaphysikus (mit dem Namen Sonne), dem die drei Repräsentanten der Potentia, Sapientia und des Amor zur Hand gehen. Mit Campanellas universalistischer Natur- und monarchistischer Staatsansicht stimmte auch seine Vorliebe für die päpstliche Universalkirche und spanische Weltmonarchie sowie seine Abneigung gegen die Reformation Luthers zusammen. Eine neue Ausgabe seiner »Opere« besorgte A. d'Ancona (Turin 1854). Vgl. Rixner und Siber, Thomas C. (Sulzb. 1826); Tröbst, Der Sonnenstaat des C. (Weimar 1860); Berti, La vita e le opere di T. C. (Rom 1878); Amabile, Fra Tomm. C. e la sua congiura, i suoi processi, ecc. (Neapel 1882, 3 Bde.); Sigwart, Thomas C. und seine politischen IdeenKleine Schriften«, Bd. 1, Freib. 1889); Felici, Le dottrine filosofico-religiose di Toma C. (Lauriano 1895); v. Kozlowski, Die Erkenntnislehre Campanellas (Leipz. 1897).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 723-724.
Lizenz:
Faksimiles:
723 | 724
Kategorien: