Chambers

[868] Chambers (spr. tschēmbers), 1) Ephraim, engl. Enzyklopädist, geb. um 1680–85 zu Kendal in Westmoreland, gest. 15. Mai 1740 bei Islington, Herausgeber und größtenteils auch Verfasser eines der ersten enzyklopädischen Wörterbücher der Künste und Wissenschaflen, das als »Cyclopaedia, or universal dictionary of arts and sciences« zuerst 1728 zu London in 2 Vänden erschien und Geographie und Geschichte ausschloß. Im folgenden Jahre wurde C. zum Mitgliede der Royal Society ernannt. Die 5. Auflage des Werkes erschien 1746, mit der siebenten erschienen zwei Supplementbände, später wurde das Buch von Rees erweitert herausgegeben (1786, 5 Bde.). Außerdem hatte C. an dem »Literary Magazine« teil und an der abgekürzten Übersetzung der Memoiren der Akademie der Wissenschaften zu Paris: »Philosophical history and memoirs of the Royal Academy of Sciences at Paris« (1742, 5 Bde.). In Anbetracht der Schwierigkeiten, die C. damals bei der alphabetischen Zusammenstellung aller Gegenstände des menschlichen Wissens zu überwinden hatte, ist sein Verdienst nicht gering anzuschlagen.

2) Sir William, engl. Architekt und Gartenkünstler, aus altschottischem Geschlecht, geb. um 1726 in Stockholm, gest. 8. März 1796 in London, kam 1728 nach England, wo er in Ripon (Yorkshire) erzogen wurde. Mit 16 Jahren trat er in den Dienst der Schwedisch-Ostindischen Kompagnie und kam so nach China. Hier studierte er die chinesische Bau- und Gartenkunst und ward nach seiner Heimkehr für lange Zeit in bei den Tonangeber in England. Er betätigte seine eigentümliche Geschmacksrichtung in der Umgestaltung der königlichen Gärten von Kew. Die Zeitgenossen erhoben allerdings ihre Stimme gegen den »Pagodengeschmack«, aber der Hof begünstigte ihn, und die berühmtesten Akademien Europas ernannten C. zu ihrem Mitglied. Er wurde im Poetenwinkel der Westminsterabtei beigesetzt. C.' literarische und Kunstprachtwerke sind: »Designs for Chinese buildings« (Lond. 1757; franz., Par. 1776); »Plans, elevations, sections and perspectives of the garden and building of Kew in Surrey« (das. 1763, 2. Aufl. 1769); »Dissertation on oriental gardening« (das. 1772; deutsch von S. F. Ewald, Gotha 1775); »Treatise on the decorative part of architecture« (3. Aufl., Lond. 1791). Das bedeutendste Bauwerk C. ist das Somerset House in London.

3) William, schott. Buchhändler und Schriftsteller, geb. 16. April 1800 in Peebles, gest. 20. Mai 1883, begann 1819 einen Buchhandel in Edinburg, gründete 1832 das »Chambers' Edinburgh Journal« als Pionier englischer Volksbildung, die durch wohlfeile, dem Parteitreiben fern stehende Zeitschriften gefördert werden sollte. Von dieser Zeit an verband sich C. mit seinem Bruder Robert (s. unten). In der Nähe von Peebles gründete er 1859 die volkstümliche »Chambers Institution« (mit Bibliothek, Museum, Bildergalerie und Vortragshalle), die er in der Folge seiner Vaterstadt zum Geschenk machte. Seine spätern Werke sind: »Things as they are in America« (1853), welches Buch gegenüber Dickens günstige Ansichten über die Vereinigten Staaten mit Erfolg entwickelte; »American slavery and colour« (1859); »History of Peeblesshire« (1864); »France, its history and revolutions« (1871); »Memoir of Robert Chambers« (1872, 14. Aufl. 1892) und eine schottische Novelle: »Ailie Gilroy« (1872).

4) Robert, Bruder des vorigen, geb. 10. Juli 1802 in Peebles, gest. 17. März 1871, widmete sich gleich jenem dem Buchhandel in Edinburg und veröffentlichte: »Traditions of Edinburgh« (1824, neue Ausg. 1868); »Popular rhymes of Scotland« (1826, neue Ausg. 1892); »Picture of Scotland« (1827, 2 Bde.); »History of the rebellions in Scotland and life of James I.« (1828–30, 5 Bde.; neue Ausg. 1891). Dann gab er heraus: »Scottish ballads and songs« (3 Bde.) und das »Biographical dictionary of eminent [868] Scotchmen« (1832–35, 4 Bde.). Das »Journal« seines Bruders William förderte er durch Beiträge, und beide verbanden sich dann zu gemeinsamer Tätigkeit. Spätere Publikationen von C. sind: »On ancient sea margins« (1848); die Reiseschilderung »Tracings of Iceland and the Faroe Islands« (1855) und die historisch-archäologischen Untersuchungen: »Domestic annals of Scotland« (1858–61, 3 Bde.) und »Book of days« (1862–63, 2 Bde.). Außerdem gab er die Werke von Robert Burns mit vorzüglicher Biographie des Dichters (1857, 4 Bde.) neu heraus. C. gilt auch für den Verfasser des Buches »The vestiges of creation« (anonym 1844, 12. Aufl. 1884), das, ein Vorläufer von Darwins »Origin of species«, für die Annahme der Entwickelungslehre die Bahn einigermaßen ebnete und von Vogt (2. Aufl., Braunschweig 1858) ins Deutsche übersetzt wurde.

Die von beiden Brüdern gegründete, noch jetzt bestehende Verlagshandlung William and Robert C. in Edinburg und London verfolgt den bestimmten Zweck, in Verbindung mit zahlreichen Mitarbeitern allgemeine Bildung und Veredelung des Volkscharakters anzustreben durch das Mittel wohlfeiler Zeitschriften und Sammelwerke. Außer dem »Journal« veröffentlichte die Firma unter vielem andern die vortreffliche »Cyclopaedia of English literature« (4. Aufl. 1888, 2 Bde.) und »Chambers' Encyclopaedia«, eine Nachbildung der deutschen Konversationslexika (neue Ausg. 1888 – 92, 10 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 868-869.
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