Crébillon

[336] Crébillon (spr. krebijóng), 1) Prosper Jolyot de, der ältere, franz. Trauerspieldichter, geb. 13. Jan. 1674 in Dijon, gest. 17. Juni 1762 in Paris, erhielt den ersten Unterricht bei den Jesuiten seiner Vaterstadt und im Collège Mazarin zu Paris, arbeitete dann zu seiner praktischen juristischen Ausbildung eine Zeitlang bei einem Prokurator, widmete sich aber bald ausschließlich der literarischen Tätigkeit. Großen Beifall fanden seine Stücke: »Idoménée« (1705), »Atrée et Thyeste« (1707), »Électre« (1709) und »Rhadamiste et Zénobie« (1711), sein bestes Werk, obgleich von Boileau verworfen; seine drei nächsten Dramen: »Xerxès« (1714), »Sémiramis« (1717) und »Pyrrhus« (1726), wurden kalt aufgenommen. Der Mißerfolg dieser Stücke, seine ewigen Geldverlegenheiten und andre ungünstige Umstände hatten ihn entmutigt und menschenscheu gemacht; er zog sich aufs Land zurück, verkehrte nur mit seinem Sohn, seinen Hunden und Katzen und war fast vergessen, als ihn 1731 die Akademie unter ihre Mitglieder aufnahm, der König ihn 1735 zum Zensor ernannte und die Marquise von Pompadour ihm aus Neid und Groll gegen Voltaire eine Pension und die Anstellung an der königlichen Bibliothek verschaffte. Sie vermochte ihn auch, seinen »Catilina« zu vollenden, der aber neben Voltaires gleichnamigem Stück vollständig verblaßte, obwohl Voltaires Feinde einen ersten großen Erfolg in Szene gesetzt hatten. Auch seine letzte Tragödie: »Le Triumvirat« (1754), errang nur einen Achtungserfolg. C. suchte besonders durch Ausmalen der schaudervollsten Verbrechen zu wirken (daher »le Terrible« genannt); daneben ist sein Ausdruck gespreizt und fade, seine Verse meist nachlässig. Eine Prachtausgabe seiner Werke veranstaltete die königliche Druckerei (Par. 1750, 2 Bde.); andre gute Ausgaben sind die von Didot dem ältern (das. 1812, 2 Bde.), von Renouard (das. 1818, 2 Bde.) und von Vitu (das. 1885). Vgl. Dutrait, Étude sur C. (Bordeaux 1895).

2) Claude Prosper Jolyot de, der jüngere, franz. Romanschriftsteller, Sohn des vorigen, geb. 14. Febr. 1707 in Paris, gest. daselbst 12. April 1777, war ein heiterer, liebenswürdiger Gesellschafter, dessen Sitten in geradem Widerspruch zu denen standen, die er in seinen Romanen schilderte. Die bekanntesten seiner Werke sind: »Lettres de la marquise de *** an comte de ***« (1732, 2 Bde.); »Tanzaï et Néadarne« (1734, 2 Bde.), wegen dessen er infolge einiger Anspielungen auf die Bulle Unigenitus eine Zeitlang in der Bastille sitzen mußte; »Les égarements du cœur et de l'esprit« (1736), unvollendet, aber wohl das beste, und »Le sopha, conte moral« (1745, 2 Bde.), das schlüpfrigste seiner Werke. Eine Gesamtausgabe derselben erschien zu Paris 1779, 7 Bde. (deutsch in Auswahl, Berl. 1782–86, 3 Bde.). Crébillons Romane verdanken ihren Erfolg der schamlosen, raffinierten Sinnlichkeit, die in sophistischer Weise als etwas Selbstverständliches, Natürliches hingestellt wird.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 336.
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