Dünkirchen

[284] Dünkirchen (franz. Dunkerque, spr. döngkérk'), Arrondissementshauptstadt im franz. Depart. Nord, am Kanal (La Manche), an der Vereinigung der Kanäle von Bergues, Bourbourg, Furnes, Mardyck und Moëres, ist Knotenpunkt der Nordbahn, wichtiger Handelshafen und Kriegsplatz erster Klasse. Der Hafen, dem eine durch Sandbänke geschützte Reede vorgelagert ist, hat eine 130 m breite Einfahrt; hieran schließt sich ein Vorhafen, der durch Schleusen mit den vier Hafenbassins in Verbindung steht. Die Kais haben eine Ausdehnung von 8 km; drei Leuchtschiffe und ein Leuchtfeuer erleichtern die Zufahrt. Als Kriegsplatz ist D. sehr fest, sowohl durch seine Wälle und Forts als durch die Einrichtung, daß die Umgegend weithin (bis Bergues) 1,5 m tief unter Wasser gesetzt werden kann. Die Stadt hat eine Kirche, St.-Eloi, aus dem 16. Jahrh., mit 90 m hohem Turm (mit Glockenspiel), eine als Wallfahrtsort bekannte Kapelle (Notre-Dame des Dunes, 1405 gegründet), ein Rathaus (von 1642) und ein Denkmal des hier gebornen Seemannes Jean Bart von David d'Angers. Die Zahl der Bewohner beträgt (1901) 38,925. Die Industrie ist durch Baumwollspinnerei, eine Dampfmühle, Schiffswerften, Maschinenfabriken und Eisengießereien, Seilereien, Bierbrauereien, Strohhut-, Öl- und Seifenfabriken vertreten. Der Außenhandel hatte 1901 einen Wert von 707 Mill. Frank (Einfuhr 552 Mill., Ausfuhr 155 Mill., im Spezialhandel 524, bez. 137 Mill.). Die wichtigsten Artikel sind in der Einfuhr: Schafwolle, Baumwolle, Flachs und Jute, Getreide und Mehl, Ölsaat, Salpeter, Holz, Felle und Häute; in der Ausfuhr Zucker, Heu und Stroh, Garne etc. Ein wichtiger Erwerbszweig ist auch der Stockfisch- und Heringsfang, wobei 1900: 83 Schiffe von 7691 Ton. mit einer Bemannung von 1436 Personen tätig waren. Der Schiffsverkehr belief sich 1901 im Eingang auf 2577 Schiffe von 1,663,405 T. (darunter 691 Küstenfahrer von 284,975 Ton.), im Ausgang auf 2675 Schiffe von 1,772,904 T. (darunter 837 Küstenfahrer von 319,246 T.). Die Handelsflotte bestand Ende 1901 aus 279 Schiffen von 94,773 T. D. ist Sitz eines Handelsgerichts, einer Handelskammer, einer Börse sowie zahlreicher Konsulate (darunter eines deutschen Vizekonsuls) und hat ein College, eine Schiffahrts-, eine Zeichen-, Bau- und Musikschule, Gemäldesammlung, ein naturhistorisches Museum, Bibliothek (25,000 Bände) und Theater. In der östlich angrenzenden Villenstadt Rosendaël (mit 10,128 Einw.) befinden sich Seebäder mit schönem Kasino. – D. war anfangs ein Dorf, das um eine vom heil. Eligius auf den Dünen erbaute Kapelle entstand und vom Grafen Balduin von Flandern um 960 mit Mauern umgeben wurde. 1388 wurde D. zum erstenmal durch die Engländer verbrannt, darauf 1400 befestigt. Mit der Grafschaft Flandern fiel es an das Haus Burgund, 1477 an Habsburg. Im 16. und 17. Jahrh. wurde D. von Franzosen und Spaniern wechselnd erobert. Turenne nahm D. 1658 von neuem und zwar nach dem Sieg in den Dünen, wo die D. belagernden Franzosen und Engländer das spanische zum Entsatz anrückende Heer 14. Juni schlugen. Zufolge Vertrags erhielten es darauf die Engländer, denen es aber Ludwig XIV. 1662 um 5 Mill. Frank wieder abkaufte. Am 23. Juni 1666 schlugen auf der Höhe von D. die Holländer unter Ruyter die Engländer unter Work zur See. Infolge des Utrechter Friedens 1713 mußten die Festungswerke geschleift und der Hafen gefüllt werden, bis endlich der Versailler Friede von 1783 die Wiederherstellung der Werke wie des Hafens gestattete. Die Belagerung der Stadt, die der Herzog von Yorck mit einer englisch-holländischen Armee im Sommer 1793 unternahm, mußte nach der Schlacht bei Hondschoote (8. Sept.) aufgehoben werden. Vgl. Derode, Histoire de Dunkerque (Lille 1852); Cons, Le Nord pittoresque de la France (Par. 1888).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 284.
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