Eisenbahnabgaben

[505] Eisenbahnabgaben. Unter dieser Bezeichnung wurden verschiedene öffentlich-rechtliche Abgaben, die an das Eisenbahnwesen anknüpfen, zusammengefaßt, teils eigentliche Eisenbahnsteuern, teils Abgaben von der Benutzung der Eisenbahnen, teils Gebühren. Eisenbahnsteuern im engern Sinn sind Abgaben, die Staat oder Gemeinde von den bei Eisenbahnunternehmungen, und zwar in der Regel nur bei Privatbahnen, erzielten Gewinne erheben. Als staatliche Steuern kommen vor: 1) Spezielle Eisenbahnsteuer, nur von Eisenbahnen an Stelle andrer Steuern erhoben, so in Preußen. Hier wurde durch Gesetz vom 3. Nov. 1838 bestimmt, daß Eisenbahngesellschaften an Stelle der Gewerbesteuer eine nach dem Reinertrag abgestufte Abgabe zu entrichten hätten. Diese war niedrig gehalten und sollte lediglich zur Entschädigung der Staatskasse für den Ausfall an Posteinnahmen und zur Amortisation des in dem Unternehmen angelegten Kapitals verwendet werden. Durch die Gesetze vom 30. Mai 1853 und 16. März 1867 wurden die Abgaben erhöht und bestimmt, daß von[505] einem Reinertrag bis zu einschließlich 4 Proz. des Anlage- oder Aktienkapitals ein Vierzigstel, von über 4 bis einschließlich 5 Proz. ein Zwanzigstel, von 5–6 Proz. ein Zehntel, von mehr zwei Zehntel des Ertrags zu entrichten sind. Ein Gesetz vom 30. Mai 1859 beseitigte die oben angeführte spezielle Verwendung der Einnahmen aus der Eisenbahnabgabe und verfügte, daß diese in die allgemeinen Staatsfonds fließen sollten. Kleinbahnen sind von der Abgabe befreit. Ähnliche Gesetze existieren für Sachsen-Weimar vom 18. März 1873, Sachsen-Meiningen vom 30. April 1873, Sachsen-Altenburg vom 29. April 1872. 2) Grund- und Gebäudesteuer, in der Regel nur von den landwirtschaftlich benutzten Grundstücken, in Österreich, Frankreich, England, Holland, Italien auch vom Bahnkörper; in Österreich wird die Grundsteuer auch von den Staatsbahnen, Gebäudesteuer nur von den Privatbahnen erhoben. 3) Gewerbesteuer in Bayern, Österreich (hier auch von den Staatsbahnen), Italien, Frankreich (Patentabgabe mit 10 Cent. für 1 km dei doppelgleisigen, 5 Cent. bei eingleisigen Bahnen). 4) Einkommensteuer in Preußen von allen Eisenbahn- (auch der Kleinbahn-) Aktiengesellschaften. Auch in Sachsen, Württemberg, Hessen (hier von den Überschüssen, die als Zinsen oder Dividenden verteilt oder zur Reservebildung verwendet werden), Österreich (10 Proz. des Reinertrags), England, Rußland und andern Staaten werden Einkommensteuern erhoben. Gemeindliche Abgaben kennen fast alle Staaten. Unter den deutschen Staaten läßt Baden Staats-wie Privatbahnen frei. In Preußen haben die Staatsbahnen nur von denjenigen Grundstücken und Gebäuden Steuern zu entrichten, die nicht unmittelbar für den öffentlichen Dienst bestimmt sind; Privatbahnen steuern nach den Grundsätzen der (für den Staat außer Hebung gesetzten) Grund- und Gebäudesteuer. Außerdem haben nach dem Kommunalsteuergesetz vom 27. Juli 1885, bez. dem Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 1893 die Eisenbahnen von ihrem Einkommen aus Besitz und Betrieb eine Steuer zu entrichten, gleichviel ob der Unternehmer der Staat oder eine Gesellschaft oder eine Einzelperson ist. Die Steuerpflichtigkeit ist gegenüber denjenigen Gemeinden begründet, in denen sich der Sitz einer Verwaltung, eine Station oder eine für sich bestehende Betriebs- oder Werkstatts- oder eine sonstige gewerbliche Anlage befindet; als Steuerbemessungsgrundlage dient der überschuß der Einnahmen über die Ausgaben nach Abzug einer 31/2 proz. Verzinsung des Anlage- oder Erwerbskapitals. Mehrfach sind auch noch Zuschläge an größere Kommunalverbände zu zahlen. In Bayern sind Privatbahnen nach Maßgabe der in den Gemeinden zu entrichtenden Staatssteuern umlagepflichtig, Staatsbahnen nur bezüglich des nicht unmittelbaren Staatszwecken dienenden Besitzes. In Württemberg haben Staats-wie Privatbahnen nur Grund- und Gebäudesteuer zu zahlen.

Die E. können auch Abgaben von der Benutzung der Eisenbahnen sein, indem sie als prozentualer Zuschlag zum Fahrpreis (Eisenbahnbilletsteuer, Passagiersteuer in England, Eisenbahntransportsteuer) oder als fester Satz (gewöhnlich als Stempel von Fahrkarten und Frachtbriefen) erhoben wird, um diejenigen zu belasten, welche die Eisenbahn benutzen (so in Österreich 12 Proz. des Fahrpreises bei Haupt-, 6 bei Lokal-, 3 bei Kleinbahnen, in Italien, Frankreich, Rußland). Diese E. tragen den Charakter von Aufwand-, bez. Verkehrssteuern. Dann kommen noch verschiedene Gebühren vor, so für Erteilung der Konzession (hohe Parlamentstaxen in England, jährlich zu zahlende Privilegiumtaxe für die Dauer des Privilegiums in Österreich), für die staatliche Aussicht (Österreich, Frankreich, Belgien), vom Grunderwerb (in Italien 4,8 Proz. vom Kaufpreis, in Österreich die Hälfte der üblichen Gebühr; Freiheit in Preußen, Bayern etc.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 505-506.
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