Fischotter

[625] Fischotter (Flußotter, Lutra Storr.), Raubtiergattung aus der Familie der Marder (Mustelidae), ziemlich zahlreiche Arten mit gestrecktem Leib, plattem, stumpfschnauzigem Kopf, kleinen Augen, kurzen, runden Ohren, niedern Beinen, fünfzehigen Füßen, Schwimmhäuten zwischen den Zehen (deutlich erkennbar in der Spur, s. Abbildung u. Tafel »Fährten und Spuren«, Fig. 6), langem, zugespitztem Schwanz und zwei Absonderungsdrüsen neben dem After. Sie finden sich mit Ausnahme Neuhollands und des höchsten Nordens in allen Teilen der Erde an Flußufern, liefern gutes Pelzwerk, sind aber überwiegend schädlich. Der gemeine F. (L. vulgaris Erxl., s. Tafel »Raubtiere II«, Fig. 5) wird 80 cm lang, mit 40 cm langem Schwanz, 30 cm hoch, bis 15 kg schwer; der Pelz ist oben glänzend dunkelbraun, unten etwas heller, unter dem Hals und an den Kopfseiten weißlich graubraun, am Kopf meist mit einzelnen weißen Flecken. Er findet sich in ganz Europa, einzeln noch in Lappland, auch weitverbreitet in Asien bis zum Amur, an Seen, Bächen und waldigen Flußufern, oft in der Nähe von Wehren und Mühlgerinnen, lebt in unterirdischen Gängen, die 50 cm unter dem Wasser münden und, schief aufwärts steigend, zu dem geräumigen, trocknen Kessel führen, während ein zweiter Gang den Luftwechsel vermittelt. In der Regel besitzt jedes Tier mehrere Baue, bisweilen bezieht es verlassene Fuchs- und Dachsbaue, bei Überschwemmungen flüchtet es auf Bäume oder in hohle Stämme. Der Gang des Fischotters ist ziemlich schnell, schlangenartig kriechend, auch schwimmt und taucht er mit der größten Meisterschaft. Seine Sinne sind sehr scharf; er ist ungemein schlau, schreit gellend, wenn er hungerig ist, und kreischt im Zorn laut auf. Er jagt meist nach Sonnenuntergang, an unbewohnten Orten auch bei Tage, nährt sich von Fischen und Krebsen, jagt stromaufwärts schwimmend und richtet in fischreichen Gewässern um so größern Schaden an, als er dort nur die besten Rückenstücke seiner Beute verzehrt und das übrige liegen läßt. Er mordet, solange er etwas Lebendes im Wasser erblickt, verschmäht auch Frösche, Wasserratten und Vögel nicht und greift selbst Gänse und Schwäne an. Er macht auch größere Wanderungen über Land, um aus einem Gewässer ins andre zu gelangen. In die Enge getrieben, ist er wegen seines scharfen Gebisses sehr gefährlich. Der F. paart sich meist Ende Februar und Anfang März, und das Weibchen wirft im Mai 2–4 Junge, die im dritten Jahr erwachsen sind. Junge, aus dem Nest genommene, bisweilen auch alte eingefangene Fischottern werden sehr zahm und in China, auch wohl bei uns, zum Fischfang benutzt. Das Fleisch wird von den Katholiken als Fastenspeise gegessen. Sehr geschätzt ist das Pelzwerk; aus den Schwanzhaaren macht man Malerpinsel, aus den Wollhaaren Hüte. Die Jagd bildet in England einen besondern Sport, zu dem sich größere Jagdgesellschaften vereinigen, die ohne Schußwaffen, nur mit einer Meute hierauf abgerichteter Hunde (Otterhunde) die Flußgebiete absuchen. Bei uns, besonders in Westfalen, wird der F. ebenfalls mit Otterhunden gejagt, schließlich aber durch einen Schuß oder durch das Werfen einer Harpune zur Strecke gebracht. Außerdem wird der F. bisweilen auf der Entenjagd erlegt, wenn der Hund ihn auf Kaupen in Brüchern findet, ebenso auf dem Anstand beim Enteneinfall im Winter an offenen Wasserstellen.

Spur des Fischotters.
Spur des Fischotters.

Wo es viel Ottern gibt, erlegt man sie auch in mondhellen Nächten auf dem Anstand an Stellen, an denen sie aus dem Wasser steigen, um Hindernisse zu umgehen oder den Raub zu verzehren, und deren Zufrieren sie dadurch verhindern. Bei Spürschnee gelingt es oft, sie einzukreisen, wenn sie in alten Erlenkaupen oder unter hohl gefrornem Eis (Bolleis) versteckt sind. Meist jedoch werden sie in starken Tellereisen gefangen, die man, gut befestigt, besonders an den Ausstiegen ins Wasser legt. Junge Ottern fangen sich auch bisweilen in den von Fischern gelegten Reußen. Vgl. Corneli, Der F., dessen Naturgeschichte, Jagd und Fang (Berl. 1884).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 625.
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