Gramont

[218] Gramont (spr. grămóng), altes franz. Adelsgeschlecht, führt seinen Namen nach der Burg G. (span. Agramunt) in der südfranzösischen Landschaft Labourd (Niederpyrenäen). Antoine III., Graf von G. und Marschall von Frankreich, geb. 1604, gest. 1678, erhielt 1643 von Ludwig XIV. für sich und seine Nachkommen den Herzogstitel und warb 1660 für den König um die Hand Maria Theresias von Spanien. Seine MemoirenMémoires du maréchal de G.«, Par. 1716, 2 Bde.) gab sein Sohn Antoine Charles heraus. Vgl. Troeger, Die Memoiren des Marschalls von G. (Halle 1888). Ein andrer Sohn ist Graf Armand von Guiche (s. Guiche). Ein jüngerer Bruder Antoines III. ist der durch seine Liebesabenteuer bekannte Graf Philibert G. (1621–1707), dessen Memoiren: »Mémoires du chevalier de G.« (Lond. 1713; hrsg. von Brunet, Par. 1859, von Sainte-Beuve, 1866; deutsch, Leipz. 1853) sein Schwager Anthony Graf Hamilton (s. d.) herausgegeben hat. Sonst sind zu nennen:

1) Antoine Geneviève Héraclius Agénor, Herzog von G., geb. 7. Juni 1789 auf dem Schloß zu Versailles, gest. 3. März 1854, galt nach der Restauration am Hofe der Bourbonen als Muster der Eleganz und des Geschmacks.

2) Antoine Alfred Agénor, Herzog von G. und Fürst von Bidache, der älteste der drei Söhne des vorigen, bis zum Tode seines Vaters Herzog von Guiche genannt, geb. 14. Aug. 1819 in Paris, gest. 18. Jan. 1880, schloß sich nach der Revolution von 1848 dem Prinzen Ludwig Napoleon an, dessen Vertrauen er bald in besonderm Maß gewann, so daß ihn dieser 1850 mehrfach als Gesandten verwendete und 1857 zum Botschafter in Rom ernannte. Hier verblieb G. bis 4. Nov. 1861, wo er als Botschafter Frankreichs nach Wien ging. Aus dieser Stellung wurde er nach dem Plebiszit vom 8. Mai 1870 am 15. desselben Monats abberufen, um im Ministerium Ollivier an Stelle des Grafen Daru das Auswärtige Amt zu übernehmen. Sofort begann er die »Revanche für Sadowa« ins Werk zu setzen, die er schon in Wien mit Beust vorbereitet hatte. Die Hohenzollernsche Kandidatur in Spanien schien ihm den erwünschten Anlaß zur Erklärung des Krieges zu bieten, an dessen siegreichen Ausgang er nicht zweifelte, und seine herausfordernde Sprache 6. Juli 1870 auf die Interpellation Cocherys sowie seine kränkenden Anforderungen an König Wilhelm waren darauf berechnet, den Krieg unvermeidlich zu machen. Indem er eine Beleidigung Benedettis durch König Wilhelm erdichtete, gelang es ihm, 15. Juli die Opposition im Gesetzgebenden Körper zum Schweigen zu bringen und ihn zum Kriege fortzureißen. G. fiel mit dem Ministerium Ollivier nach der Schlacht von Worth, trat aber 1872 mit einem Buch voller Unwahrheiten (»La France et la Prusse avant la guerre«) wieder an die Öffentlichkeit, um sein Verhalten zu rechtfertigen; es gelang ihm aber nicht, sich von dem Vorwurf der Ignoranz und des Leichtsinns zu reinigen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 218.
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