Konstanzer Konzil

[429] Konstanzer Konzil, die 1414–18 in Konstanz abgehaltene Kirchenversammlung, die das päpstliche Schisma und die Ketzereien des Johann Hus (s. d.) beseitigen und eine Reform der Kirche vornehmen sollte. Dasselbe ward auf Betrieb des Kaisers Siegmund vom Papst Johann XXIII. berufen und 5. Nov. 1414 eröffnet. Anteil daran nahmen außer dem Kaiser fast alle Kurfürsten, die meisten Reichsfürsten, ein zahlreicher Adel, die Gesandten aller katholischen Könige sowie auch der Griechen und Russen; von der Geistlichkeit erschienen, außer dem Papst Johann XXIII. und den Legaten seiner beiden Gegenpäpste, 3 Patriarchen, 33 Kardinäle, 47 Erzbischöfe, 145 Bischöfe, 124 Äbte, 750 Doktoren, Vertreter der Universitäten sowie angeblich 18,000 Priester und Mönche. Zugleich mit diesen nur zeitweilig anwesenden Vertretern des Staates und der Kirche fand sich eine große Menschenmenge, darunter fahrende Frauen, Schauspieler und Gaukler, in großer Zahl ein. Die weltlichen und geistlichen Fürsten wetteiferten in der Menge und Pracht ihres Gefolges, in dem Pomp ihrer Auszüge und ihres Hofhalts. Nachdem das Übergewicht des Papstes Johann und des italienischen Klerus dadurch beseitigt worden war, daß die Abstimmung nicht nach Personen, sondern nach Nationen (Italiener, Deutsche, Franzosen, Engländer und später auch Spanier) stattfand, nahm das Konzil zunächst die Beseitigung des Schismas (causa unionis) vor. Johann XXIII. wurde zur Abdankung bewogen (1. März 1415), und als er floh, seinen Verzicht zurücknahm und das Konzil auflösen wollte, erklärte das Konzil auf Anregung Johann Gersons durch das Dekret Sacrosancta (6. April), daß dem Konzil die höchste Autorität der Christenheit innewohne, und daß es über dem Papste stehe, und entsetzte Johann XXIII. 29. Mai seines Amtes. Gregor XII. entsagte freiwillig (4. Juli 1415), und Benedikt XIII. wurde von seinen Anhängern verlassen und 26. Juli 1417 abgesetzt. Die Neuwahl eines Papstes wurde verschoben. Darauf wurde die zweite Aufgabe, die Ausrottung der Ketzerei (causa fidei), vorgenommen, indem Hus zum Tode verurteilt und 6. Juli 1415 vor den Toren von Konstanz verbrannt wurde. Die Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern (causa reformationis) aber kam nicht zustande wegen der Uneinigkeit der Mitglieder und Siegmunds unzeitiger Reise ins Ausland. Kaum hatte sich das Konzil über die Grundsätze der Reform, die sich auf die äußere Verfassung der Kirche sowie auf das Leben und die Bildung der Geistlichkeit erstrecken sollte, geeinigt, so setzte die Kardinalspartei mit Hilfe der Franzosen 11. Nov. 1417 die Wahl Martins V. zum Papste durch. Dieser verschleppte die weitern Verhandlungen über die Kirchenreform, machte in den Dekreten vom 21. März 1418 nur geringe Zugeständnisse und schloß mit den einzelnen Nationen Konkordate, die einige Beschwerden beseitigten. Hierauf ward das Konzil 22. April 1418 geschlossen. Gleichzeitig mit dem Konzil tagten zwei Reichstage (1415 und 1417), auf denen vergeblich über eine Reichsreform beraten, Herzog Friedrich von Tirol geächtet und Burggraf Friedrich von Nürnberg mit der Mark Brandenburg belehnt wurde. Vgl. Ulrich v. Richenthal, Chronik des Konziliums in K. (Augsb. 1533, Frankf. 1575; hrsg. von Buck, Stuttg., Litter. Verein, 1882; photogr. Lichtdruckausg., Konst. 1894); v. d. Hardt, Magnum concilium Constantiense (Frankf. u. Leipz. 1700–02, 6 Bde.); »Acta concilii Constanciensis« (hrsg. von Finke, Münster 1896, Bd. 1); Lenfant, Histoire du concile de Constance (Amsterd. 1714, 2 Bde.); Tosti, Geschichte des Konzils von Konstanz (deutsch, Schaffh. 1860); Marmor, Das Konzil zu Konstanz (2. Aufl., Konst.[429] 1874); Lenz, Drei Traktate aus dem Schriftenzyklus des Konstanzer Konzils (Marburg 1876); Finke, Forschungen und Quellen zur Geschichte des Konstanzer Konzils (Paderb. 1889) und Bilder vom K. K. (Heidelb. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 429-430.
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