Kwantung

[896] Kwantung, eigentlich allgemeine chines. Bezeichnung für die Mandschurei (»östlich von der Barriere«, das ist vom Palisadenzaun, der Grenze zwischen Tschili und der Mandschurei), dann im besondern die amtliche Bezeichnung für das bisherige russische Pachtgebiet auf der mandschurischen Halbinsel Liautung. K. wurde durch den Vertrag von Peking vom 15. März 1898 an Rußland auf 25 Jahre verpachtet und von diesem 1899 in Verwaltung genommen. Das Gebiet erstreckt sich als schmale Landzunge von NO. nach SW. und endet in dem Vorgebirge Lautiëschan (»alter Eisenberg« wegen der tief braunroten Farbe des Gesteins, 460 m); es wird begrenzt im W. vom Golf von Liautung, im O. von der Koreabucht, im N. von einer 45 km langen Linie, die von der Nordspitze des Port Adams ziemlich genau nach O. verläuft. Fast die ganze übrige Halbinsel Liautung wurde außerdem als neutrale Zone bestimmt, wo chinesische Truppen nur mit russischer Einwilligung gehalten werden durften; die Nordgrenze der Zone führte von Kaiping östlich, dann längs des Tayangflusses südlich nach Takuschan. Das gesamte Gebiet war 3174 qkm groß mit etwa 250,000 Einw. (10,000 Russen, 2000 andre Europäer und Japaner), wovon 374 qkm mit etwa 15,000 Einw. auf Inseln entfielen. Der Boden ist durchweg hügelig und von Schluchten durchzogen (höchste Erhebung Mount Sampson östlich von Kintschou, 670 m). Die Küste ist sehr zerschnitten, meist steil und felsig. Die Hauptbuchten sind die von Port Arthur (s. d.) und Taliënwan (s. d.). Die Wasserläufe sind unbedeutend und meist nur während der Regenzeit gefüllt. Das Klima ist trotz einer Lage, die der Breite von Sizilien entspricht, recht streng (Sommer bis 37,5° mit feuchten Süd- und Südwestwinden, Winter bis -19° mit trocknen Nord- und Nordostwinden und heftigen Schneestürmen, Jahresmittel 12,1°, Regenfall 319 mm mit Maximum im August). Die Volksdichte beträgt mehr als 100 Menschen auf 1 qkm, weshalb auch die Landwirtschaft, obgleich sie die Hauptbeschäftigung bildet und hoch entwickelt ist, nicht genug Nahrungsmittel liefern kann. Gebaut werden namentlich Hirse, Mais, Gerste, Weizen (zwei Ernten jährlich trotz Sandbodens), Bohnen, Kartoffeln, Gurken, Zwiebeln. Obst ist kaum vorhanden, Wald fehlt bis auf vereinzelte Eichen, Fichten, Pappeln und Weiden gänzlich, ebenso Weideflächen, weshalb die Zucht von Vieh außer von Schweinen, Hühnern und Enten ausgeschlossen ist. Unter den Mineralprodukten sind Gold, das an mehreren Stellen gefunden ist, und Seesalz die hauptsächlichsten. Der ergiebige Fischfang liefert 60–80,000 kg Fische für die Ausfuhr. Industrie wird nur in der Stadt Pitszewo betrieben, wo 12 Fabriken für Bohnenöl, Gerbereien, eine Filzfabrik und eine Eisengießerei bestehen. Von Kintschou (s. d.) führt eine Eisenbahn (114 km) nach Port Arthur mit einer Zweiglinie nach Dalny. 1903 wurde aus K. und dem Generalgouvernement des Amurs eine besondere russische Statthalterschaft gebildet. Seit der Einnahme von Port Arthur (s. d.) ist K. völlig von den Japanern erobert worden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 896.
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