Port Arthur

[164] Port Arthur, 1) Stadt im Distrikt Algoma der kanad. Provinz Ontario, an der kanadischen Pacificbahn und an der Thunderbai des Obern Sees, mit Dampferverbindung nach Milwaukee, Chicago u. a., Docks, Handel in Holz, Erz und (1901) 3214 Einw.

2) (Genannt nach dem englischen Kapitän W. Arthur, der 1857 mit seinem Kreuzer Algerine zuerst in die Bucht eindrang; chines. Liuschunkou), früher chinesischer, jetzt japanischer Kriegshafen nahe der Südspitze der felsigen Halbinsel Kwantung (s. d.), dem Ausläufer der Halbinsel Liautung (s. d.). Der 4 qkm große innere Hafen steht durch einen nur 300 m breiten Kanal mit der äußern, weit geöffneten Bucht in Verbindung, beide das ganze Jahr eisfrei. P. ist der Endpunkt des von Charbin abgehenden Südzweiges der Mandschurischen Eisenbahn. Vgl. das Nebenkärtchen »Port Arthur« auf der Karte bei Artikel »Russisch-japanischer Krieg«. – Die Festung wurde 24. Nov. 1894 von den Japanern unter General Oyama erstürmt, im Frieden von Schimonoseki an Japan abgetreten, 1895 aber wieder zurückgegeben (s. Japan, S. 191). Im März 1898 wurde sie mit dem übrigen Kwantung auf 25 Jahre den Russen verpachtet, die nach den Plänen des Generals Vernander fast genau auf den chinesischen, vom Obersten v. Hannecken angegebenen Fortifikationslinien neue, fast durchweg sturmfreie Forts und im N. und W. auf vorgelagerten Hügeln einen weitern Kranz von Werken anlegten. Als Flottenbasis sollte der Wert des Hafens noch durch den Durchstich der am Fuße des Weißen Wolfshügels gelegenen Landzunge gesteigert werden, die zur Tigerschwanzhalbinsel hinüberleitet; aber die Arbeiten hatten beim Ausbruch des Krieges kaum begonnen. Den so bleibenden einzigen Ausgang des Hafens suchten die Japaner seit 24. Febr. 1904 wiederholt durch Versenkung von Schiffen zu sperren. Aber bis 16. Aug. machten die russischen Schiffe den Versuch, auszulaufen, freilich ohne Erfolg und mit schweren Verlusten, namentlich durch Minen. Von da ab suchten sich die Schiffe im Schutze der Festung zu sichern, bis das baltische Geschwader die japanische Flotte vor P. beschäftigen würde. Daß die Festung fiel, ehe die befreiende russische Flotte in Ostasien erschien, besiegelte auch das Schicksal der im innern Hafen eingeschlossenen Schiffe. Die zweite[164] japanische Armee unter General Oku, die am 6. Mai in Pilsewo gelandet war, schnitt durch ihren schnellen Vormarsch nach der Westküste der schmalen Halbinsel und durch den Sieg bei Kintschou (26. und 27. Mai) das eigentliche Kwangtun, d. h. die südlichste Fortsetzung der Liautung-Halbinsel, nach Norden hin ab. Für die auf diesen Kriegsschauplatz bestimmten Truppen und Schiffe bot der Hafen von Dalny eine bequeme Operationsbasis. Mit vier aus Japan gesandten Divisionen hatte General Nogi seine Aufgabe, P. zu erobern, seit 6. Juni durchzuführen. 210 Tage, bis zum 2. Jan. 1905, dauerten seine Operationen. In drei parallelen Kolonnen erreichte Nogis Armee 26. Juli die befestigten Vorberge im Nordosten von P., die nach dreitägigem Kampfe von den Russen geräumt wurden. Am 3. Aug. waren die Japaner den Außenforts nahe genug, um ihre Belagerungsgeschütze gegen sie zu verwenden. Im Osten wurde durch einen verlustreichen Sturm der Gipfel des Takushan und seines Vorberges Shakushan 8. Aug. erobert und dank der Unterstützung durch die Flotte dauernd gehalten. Aber der verfrühte allgemeine Sturmangriff auf die russischen Werke vom 19.–24. Aug. endete mit einem Verluste von 14,000 Toten, ohne daß es gelang, die Stellung der Russen zu erschüttern. Von jetzt an begann der methodische Festungskrieg, zu dem die Japaner auch schwere Schiffskanonen herbeizogen. Den am 21. Sept. erstürmten 203 m-Hügel im Westen mußten die Japaner wieder aufgeben. Am 31. Okt. eroberten sie die Außenwerke im Nordosten und 30. Nov. von neuem den 203 m-Hügel. Da die Japaner jetzt den Hafen überblicken und mit ihren von der Taubenbucht herangebrachten allerschwersten Geschützen die verankerten russischen Schiffe erreichen konnten, erfolgte nun die Versenkung des Retvisan, Peresviet, Poltawa, Bayan, Pallada, Anna und Gilyak in flachem Wasser, zum Teil wohl durch die Russen selbst, die hoffen mochten, nach einem Seesiege der Baltischen Flotte die Schiffe wieder heben zu können. Die Eroberung des Forts Nord-Kikuan 18. Dez. im Osten und des Erlungshan im Nordosten 28. Dez. ermöglichte den Japanern, die Innenseite der Nordsorts unter Feuer zu nehmen. Deshalb sandte General Stössel einen Parlamentär und schloß 2. Jan. 1905 die Kapitulation unter den Bedingungen von Sedan ab. Ausgeliefert wurden unter andern: 546 Geschütze, 82,670 Granaten, 3000 kg Pulver, 35,252 Gewehre, 1920 Pferde, 4 Schlachtschiffe (ohne die völlig gesunkene Sewastopol), 2 Kreuzer, 14 Kanonenboote und Torpedobootszerstörer und 45 Dampfer. Am 13. Jan. hielten die Japaner ihren Einzug in die Stadt. Die Hebung der gesunkenen, den Japanern zugefallenen Kriegsschiffe war im März 1906 fast beendigt. Im Frieden von Portsmouth 15. Sept. 1905 wurde P. von Rußland an Japan endgültig abgetreten. Vgl. Greener, A secret agent in P. (Lond. 1905); D. H. James, The siege of P. (das. 1905); W. Richm. Smith, The siege and fall of P. (das. 1905); Villiers, P., three months with the besiegers (das. 1905); B. W. Nörregaard, The great siege, investment and fall of P. (das. 1906; deutsch, Leipz. 1906); Schröter, Port Arthur (Berl. 1905); Immanuel, Der russisch-japanische Krieg, Heft 4 (das. 1905); »Kriegsgeschichtliche Einzelschriften«, herausgegeben vom Großen Generalstab, Heft 37/38 (das. 1906); Grandprey, Le siège de P. (Nancy 1906); E. Ashmead-Bartlett, P., the siege and capitulation (Lond. 1906); W. Maxwell, From the Yalu to P. (das. 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 164-165.
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