Lomonóssow

[689] Lomonóssow, Michail Waßiljewitsch, russ. Dichter und Gelehrter, der »Vater der russischen Grammatik und Literatur«, geb. 1711 oder 1712 im Dorf Denissowka bei Cholmogory im Gouv. Archangel als Sohn eines armen Fischers, gest. 15. (4.) April 1765 in St. Petersburg, entlief mit 17 Jahren seinem Vater, ward nach mancherlei Abenteuern in die slawo-gräko-lateinische Akademie zu Moskau aufgenommen und studierte seit 1734 auf Kosten der Regierung in Petersburg, dann in Deutschland Mathematik und Naturwissenschaften (in Marburg) und Bergwissenschaften (in Freiberg). Als er aus Marburg Schulden halber entflohen, geriet er bei Düsseldorf preußischen Werbern in die Hände, entkam jedoch und kehrte 1741 über Holland nach Petersburg zurück, wo er bei der Akademie der Wissenschaften zum Direktor des mineralogischen Kabinetts ernannt und 1742 als Adjunkt der Chemie und Physik angestellt wurde. 1745 wurde er zum Professor der Chemie ernannt; 1757 erhielt er Anteil an der Leitung der Angelegenheiten der Akademie, indem er Mitglied von deren Kanzlei wurde; 1759 wurde ihm die Aussicht über das akademische Gymnasium und das geographische Departement übertragen. Seines unverträglichen Charakters wegen fanden beständig Reibungen zwischen ihm und den deutschen Akademikern statt. 1764 wurde er zum Staatsrat ernannt. In Archangel wurde ihm 1825 ein Denkmal errichtet. Als Dichter ist L. vor allem Lyriker und hervorragend, weil er der erste war, der in gewandt behandelten und wohllautenden russischen Versen schrieb; zum Muster nahm er sich die französischen Klassiker. Man hat von ihm Oden, darunter die berühmte auf den Türkenkrieg: »Na vzatie Chotina« (»Auf die Einnahme von Chotin«) und den Sieg bei Poltawa, sowie geistliche und weltliche Gesänge, Lehrgedichte, Episteln etc. Verfehlt sind seine Tragödien und seine »Petriade«, ein unvollendetes Heldengedicht auf Peter I. Als Gelehrter hat L. verschiedene für die damalige Zeit vortreffliche naturwissenschaftliche Werke geschrieben. Die hervorragendsten davon sind: »Die von Elektrizität herrührenden Lufterscheinungen«, »Der Venusdurchgang am 26. Mai 1761«, »Elemente der Metallurgie«, »Ursachen der Wärme und Kälte«. Weniger wertvoll sind seine historischen Schriften: »Alte russische Geschichte« (1. Teil geschr. 1758, gedr. 1766; deutsch Riga u. Leipz. 1768) und der Leitfaden: »Kurzer russischer Chronist« (1760; deutsch, Kopenh. u. Leipz. 1765). Von der größten Bedeutung aber waren seine philologischen, auf die russische Sprache bezüglichen Werke. L. war der erste, der zwischen Kirchenslawisch (bis in Peters des Großen Zeit die Literatursprache) und Russisch eine scharfe Grenze zu ziehen suchte (darüber sein Aufsatz »Über den Nutzen der kirchenslawischen Bücher für die russische Sprache«). 1755 erschien seine epochemachende »Russische Grammatik« (5. Aufl. 1788, deutsch 1764). Von geringerer Bedeutung sind seine »Regeln der russischen Dichtkunst« (1739) und seine »Allgemeine Rhetorik« (1748). Gesamtausgaben seiner Werke sind mehrfach erschienen, die erste von der russischen Akademie veranstaltete Petersburg 1784–87, 6 Bde.; die neueste Ausgabe ist die der Akademie, mit Anmerkungen von Suchomlinow (das. 1892–98,4 Bde.). Von den zahlreichen Schriften über L. ist vor allem zu nennen die umfassende Bibliographie des Dichters von Pekarskij im 2. Band der »Geschichte der Akademie der Wissenschaften« (Petersb. 1873).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 689.
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