Metazentrum

[693] Metazentrum (v. lat. meta, Grenze, und centrum, Mittelpunkt), bei geneigtem Schiff der Schnittpunkt der Auftriebsrichtung mit der Symmetrieebene (der durch den Kiel gelegten Mittelebene) des Schiffes. Schon Archimedes zeigte, daß bei jedem ruhig schwimmenden Körper Schwerkraft, also Gewicht, und Auftriebskraft im Gleichgewicht sind. Damit ein Schiff im Gleichgewicht schwimmen kann, müssen bei seiner aufrechten Lage der Deplacementsschwerpunkt (Auftriebsmittelpunkt) und der Systemschwerpunkt (Gewichtsmittelpunkt oder Gravitätszentrum) in einer Senkrechten der Mittschiffsebene (Symmetrieebene) liegen. Sobald das Schiff nach der Seite neigt (krängt), rückt der Deplacementsschwerpunkt aus der Mittschiffsebene heraus in die tiefer eingetauchte Schiffshälfte hinein. Das M. ist dann also der Durchschnittspunkt der Senkrechten aus dem Deplacementsschwerpunkt in der aufrechten und in der geneigten Lage. Solange das M. über dem Schwerpunkte des Schiffskörpers (Systemschwerpunkt) liegt,[693] ist Ausrichtungstrieb (Aufrichtemoment) da; fallen beide Punkte zusammen, dann befindet sich der Schiffskörper im indifferenten Gleichgewicht. Wenn sich aber der Deplacementsschwerpunkt nach der ausgetauchten Seite verschiebt, tritt das M. unter den Systemschwerpunkt, und dann muß das Schiff infolge des nunmehr umgekehrt wirkenden Kräftepaares aus Auftrieb und Gewicht kentern, d. h. umfallen. Die metazentrische Höhe, d. h. der Abstand des Metazentrums vom Schwerpunkt des Schiffes, bedingt also die Sicherheit des Schiffes gegen Kentern und die Art der Bewegung bei Seegang. Große metazentrische Höhe gibt große Stabilität, weil dabei das Bestreben des geneigt liegenden Schiffskörpers, sich auszurichten, sehr groß ist, aber auch heftige Schlingerbewegungen, deshalb begnügen sich Ozeandampfer, z. B. Columbia (Hamburg), mit 63 cm bei vollkommener Belastung; Panzerschiffe hingegen, z. B. Inflexible (englisch), haben bis 260 cm metazentrische Höhe. Neuere Linienschiffe haben nur 100–120 cm, Panzerkreuzer 100 cm, Torpedoboote 35–74 cm, Segelschiffe etwa 120 cm, Frachtdampfer 60–75 cm Metazenterhöhe. Die Ozeandampfer verlangen ebensowohl Stetigkeit wie Stabilität. Die Querschiffsstabilität ist abhängig vom Breiten- oder Lateralmetazentrum, die Längsschiffsstabilität ist abhängig vom Längen- oder Longitudinalmetazentrum, welch letzteres durch Drehung des Schiffes um die horizontale Querachse gefunden wird. Zur Bestimmung der Stabilität eines Schiffes ist die Berechnung der Längen- und Breitenmetazentren (nach der Simpsonschen Regel) erforderlich. Die Stabilität eines Schiffes ist abhängig von der Schiffsform unter und über Wasser (Formstabilität) und von der Verteilung der Gewichte (der Ladung etc.) an Bord. Für Handelsschiffe, die sehr verschiedenartige Ladung, z. B. Eisen oder Stroh, nehmen, muß man eine metazentrische Kurve aus den Anfangsstabilitäten auf leichter Wasserlinie (ohne Ladung) und der geladenen Wasserlinie (mit voller Ladung) bestimmen, aus der man erkennen kann, ob und wann das Schiff zur Vermehrung der Stabilität noch Ballast nehmen muß. Die Bestimmung des Systemschwerpunkts und des Metazentrums geschieht durch Krängungsversuche, bei denen bekannte Gewichte von einer Schiffsseite nach der andern verschoben und die Neigungswinkel durch Lotmessungen bestimmt werden (s. Krängen). Vgl. »Leitfaden für den Unterricht im Schiffbau« (hrsg. von der Inspektion des Bildungswesens der Marine, Berl. 1902, 2 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 693-694.
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