Montevidēo

[103] Montevidēo, Hauptstadt von Uruguay, zugleich des gleichnamigen Departements (664 qkm mit [1902 berechnet] 276,034 Einw.), unter 34°55´ südl. Br. und 56°12´ westl. L., an der Mündung des Rio de la Plata, am Eingang zur 1,5 km breiten Bai von M., liegt auf einer am Ostende der genannten Bai ins Meer vorspringenden Halbinsel, der gegenüber auf der andern Seite der Bai der von einem alten Fort und Leuchtturm gekrönte Monte Video oder El Cerro (149 m) sich erhebt, an seinem Nordabhang liegen große Schlachthäuser, in denen jährlich 200,000 Rinder verpackt werden. M. hat breite Straßen (unter denen der Boulevard »18 [diez y ocho] de Julio« die schönste), Gasbeleuchtung, Kanalisation und Wasserleitung. Die Altstadt erstreckt sich vom Fort San José, am Eingang in die Bai, östlich bis zur Plaza de Independenzia mit Markthalle und dem prachtvoll[103] ausgestatteten Teatro de Solis, hat an der Plaza Mayor das Regierungsgebäude, an der Plaza de la Constitucion die aus Backsteinen erbaute Hauptkirche (1790–1804), das Cabildo für den Kongreß und die Polizeigerichte, das Universitätsgebäude, die englische Kirche, das große Hospital La Caridad, das Zollhaus, die Börse und sieben Banken. Von über 200,000 Einw. sind etwa 60,000 Fremde, viele Spanier, Italiener, Franzosen und Deutsche; M. ist Sitz eines deutschen Berufskonsuls, einer Universität für Rechtswissenschaft, Mathematik und Medizin, hat eine Militär- und Polytechnische Schule, Bibliothek, Nationalmuseum mit ethnologischer Abteilung, 5 Theater, mehrere Klubs, 7 Zeitungen, ein englisches Hospital, Waisenhaus, Armenhaus, Irrenanstalt, Magdaleneninstitut und eine Besserungsanstalt für jugendliche Verbrecher.

Lageplan von Montevideo.
Lageplan von Montevideo.

Ein Zuchthaus liegt auf der Isla de los Ratos (Ratteninsel) in der Mitte der Bai und ein Lazarett auf der Floresinsel, 25 km östlich davon. Dem Stadtverkehr dienen 8 Pferdebahnen, drei Eisenbahnen gehen nach dem Innern. Der Handel ist nahezu die einzige Erwerbsquelle der Bewohner; von der Einfuhr der Republik nehmen 90 Proz., von der Ausfuhr 70 Proz. ihren Weg über M. Hauptausfuhrartikel sind Wolle, Häute, getrocknetes Fleisch, Schaffelle, Fleischextrakt, Talg, lebendes Vieh, Pferdehaare. Die Einfuhr besteht in Baumwoll- und Wollwaren, landwirtschaftlichen Maschinen, Eisenbahnmaterial, Tabak und Zigarren, Olivenöl, Zucker, Reis, Spirituosen, Wein. Der Hafen ist Station von 11 Dampferlinien, darunter von 3 deutschen (Norddeutscher Lloyd, Kosmos, Hamburg-Südamerikanische Paketfahrtaktiengesellschaft), ist aber bei der Stadt nur 4,6 m tief und wird daher durch Deutsche einem Umbau unterzogen. – M. wurde 1726 gegründet, nachdem die Portugiesen aus einem 1724 dort errichteten Fort vertrieben worden waren. Seit Anfang des 19. Jahrh. hat die Stadt durch wiederholte Belagerungen viel gelitten, ist aber seit 1851 ziemlich rasch zu ihrer jetzigen Bedeutung herangewachsen. Vgl. Bordoni, M. e la repubblica dell' Uruguay (Mail. 1885).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 103-104.
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