Pombal [2]

[132] Pombal (spr. pongbāl), Sebastian Jose Carvalhoe Mello, Graf von Oeyras, Marquis von, portug. Staatsmann, geb. 13. Mai 1699 in Lissabon, gest. 8. Mai 1782 in der Stadt Pombal, studierte in Coimbra die Rechte, trat dann in die königliche Garde und wurde Gesandter in London, seit[132] 1745 in Wien, wo er durch seine staatsmännischen Gaben allgemeine Anerkennung fand und sich mit den Fortschritten der europäischen Kultur genau bekannt machte. Als er nach dem Tode König Johanns V. 1750 in das Ministerium berufen wurde, erlangte er durch seine hervorragenden Geistesgaben sowie durch ein imponierendes Äußere bald einen unbeschränkten Einfluß auf den neuen König, Joseph I., und leitete den Staat mit fast souveräner Machtfülle. Ordnung der Finanzen, Beseitigung der Mißbräuche in der Verwaltung, Hebung von Ackerbau, Handel und Industrie, Befreiung des Volkes von dem Geistesdruck der Kirche und der Tyrannei des Adels waren seine Ziele, die er unermüdlich, aber oft übereilt und gewalttätig verfolgte. Nach dem Erdbeben vom 1. Nov. 1755 entfaltete er eine außerordentliche Tätigkeit, das beispiellose Elend einigermaßen zu mindern, und ward dafür vom König zum Grafen von Oeyras, später zum Marquis von P. erhoben. 1757 zum Premierminister ernannt, trat er den Ränken des hohen Adels und der Jesuiten mit strenger Energie entgegen und brachte es dahin, daß nach dem Attentat auf des Königs Leben (3. Sept. 1758) der Jesuitenorden durch ein königliches Dekret vom 3. Sept. 1759 aus Portugal verbannt ward. Er hob Ackerbau und Handel, verbesserte die Rechtspflege, bevölkerte die Kolonien und förderte den Volksunterricht. Das Heer brachte er auf die Stärke von 32,000 Mann und sammelte dabei einen Schatz von 156 Mill. Mk. in Gold. Aber Josephs I. (gest. 24. Febr. 1777) Nachfolgerin auf dem Thron, Maria I., eine Freundin des Klerus, entließ P. sofort aus seinem Amt und erklärte ihn sogar für strafwürdig, obwohl sie ihn nicht bestrafen wolle. Erst vom Kaiser Dom Pedro von Brasilien wurden seine Verdienste wieder anerkannt. Vgl. Gattel, Vita die Seb. Gius. di Carvalho (1781, 4 Bde.; franz. 1784); Smith, Memoirs of P. (Lond. 1843, 2 Bde.); Carnota, Marquis P. (engl., 2. Aufl., das. 1871); Duhr, P., sein Charakter und seine Politik (Freiburg i. Br. 1891).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 132-133.
Lizenz:
Faksimiles:
132 | 133
Kategorien: